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Von Jannik Sorgatz

Wie groß wird das Corona-Minus? Borussia und die Ungewissheit in der Krise

Stephan Schippers (rechts) ist bei Borussia Mönchengladbach für die Finanzen zuständig.

Stephan Schippers (rechts) ist bei Borussia Mönchengladbach für die Finanzen zuständig.

Mönchengladbach - Dieser Satz von Stephan Schippers (52) aus der Pressekonferenz vor dem Geister-Derby gegen den 1. FC Köln hallt nach: „Das trifft den Verein Borussia Mönchengladbach bis ins Mark“, sagte der VfL-Geschäftsführer, als feststand, dass Borussia Gastgeber des ersten Bundesligaspiels ohne Zuschauer sein würde.

Gladbach verliert allein zehn Millionen Euro durch Geisterspiele

Auf „zwei Millionen Euro netto“ bezifferte Schippers den Verlust pro Geister-Heimspiel. Eine Woche später ist klar, dass Gladbach mit mindestens fünf Partien vor leeren Rängen kalkulieren muss, nämlich nicht nur mit dem Köln-Derby, sondern auch mit den verbleibenden Heimspielen gegen Leverkusen, Union Berlin, Wolfsburg und Hertha. Und das wäre noch der wirtschaftlich beste Fall, da er bedeuten würde: Es ginge mit der laufenden Saison überhaupt weiter.

Bis mindestens zum 2. April pausiert die Bundesliga aufgrund der Coronavirus-Pandemie vorerst, und DFL-Geschäftsführer Christian Seifert (50) geht nicht davon aus, dass es am 3. April schon weitergehen wird. „Niemand liebt Spiele unter Ausschluss der Öffentlichkeit. Aber Geisterspiele sind in nächster Zeit die einzige Überlebenschance“, betonte Seifert nach der DFL-Mitgliederversammlung in Frankfurt. „Ohne Einnahmen durch die Medien und die Sponsoren geht es eine Weile gut, aber nicht sehr lange.“

Borussia Mönchengladbach: „Wir sind gesund, aber nicht reich“

Ganze Profiklubs sehen sich in ihrer Existenz gefährdet. Manche akut, andere erst langfristig, falls Corona den Fußball über die Saison hinaus außer Gefecht setzt. Geht es um Borussia, beschreibt ein weiterer markanter Schippers-Satz die Lage: „Wir sind gesund, aber nicht reich.“ Ausgesprochen hat er ihn – nicht zum ersten Mal – auf der Mitgliederversammlung 2019.

Auf der nächsten Versammlung am 21. April (die wegen Corona nun verschoben ist) wollte Borussia fürs vergangene Geschäftsjahr einen Umsatz im Bereich der 200-Millionen-Euro-Marke verkünden und das Erreichen der Eigenkapitalmarke von 100 Millionen. Eben nicht reich, aber doch ganz schön gesund.

Noch schwerer als Einbußen im Ticket-Bereich wiegt das Loch, das ein Saisonabbruch bei den TV-Einnahmen verursachen könnte. Wie der „Kicker“ berechnete, stünden Borussia in den finalen Tranchen noch 24 Millionen Euro zu – die fünfthöchste Summe der Liga.

Hinzu kommt der Bereich des Sponsorings, wo sich die Protagonisten nach GladbachLIVE-Infos aktuell noch bedeckt halten. Schließlich ist bei vielen Unternehmen noch nicht absehbar, wie sich die eigene Lage in Zeiten von Corona entwickelt.

Wie wird Borussias Finanzplanung beeinflusst?

Alle Beteiligten verbindet die Hoffnung, dass die Bundesliga-Saison mit einem Notfallplan spätestens im Juni noch durchgezogen werden könnte. Die UEFA hat ihnen mit der Verlegung der EM in den Juni und Juli 2021 etwas Luft verschafft (hier lesen Sie mehr).

Manager Max Eberl (46) sagte Ende Januar im GladbachLIVE-Talk: „Rechnen wir das Erreichen der Champions League und einen möglichen Verkauf eines Spielers zusammen, sind wir bei 100 Millionen Euro, die ich ausgeben kann. Landen wir nicht in der Europa League und verkaufen keinen Spieler, bin ich bei Null.“

Diese Rechnung ist um das Corona-Minus erweitert worden, dessen Größe noch niemand absehen kann. Was auch immer Borussia verliert, muss sie zusätzlich reinholen, um an ursprünglichen Plänen festhalten zu können. Oder sie muss die Pläne beschneiden.

Innerhalb einer Woche hat die Wucht der Nachrichten exponentiell zugenommen. Selbst jedes positive Szenario hat einen Seitenarm, der in eine Sackgasse führt. Beispiel: Selbst wenn sich Borussia für die Champions League qualifiziert, unter welchen (auch finanziellen) Bedingungen könnte der Wettbewerb nächste Saison überhaupt stattfinden?

DFL-Boss Seifert: „Es geht ums Überleben“

Geschäftsführer Schippers sagte vor einer Woche, als die Corona-Lage noch weitaus weniger dramatisch war, ebenfalls: „In meiner Funktion bin ich gezwungen, kaufmännisch immer vom Schlimmsten auszugehen.“ Man solle von Spiel zu Spiel schauen. Nun gibt es vorerst keine mehr für Borussia und die Bundesliga. Von Tag zu Tag, von Woche zu Woche wird nun geschaut. Oder wie DFL-Boss Seifert es drastisch ausdrückte: „Es geht ums Überleben.“