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Von Jannik Sorgatz

DFL vor erstem Endspiel Vom Maskottchen bis zum Balljungen: Dieser Plan soll alles regeln

Im Borussia-Park fand am 11. März das erste und bislang einzige Geisterspiel der Bundesliga-Geschichte statt.

Im Borussia-Park fand am 11. März das erste und bislang einzige Geisterspiel der Bundesliga-Geschichte statt.

Mönchengladbach - Von Spiel zu Spiel zu denken, das ist eine Ansage, die im Profifußball nicht nur Borussia Mönchengladbach etabliert hat. Früher ging es lediglich um Punkte in der Tabelle, in der Corona-Krise geht es um existenzielle Fragen: Kann die Bundesliga am zweiten Mai-Wochenende wieder den Betrieb aufnehmen? Und wenn ja, wie lange?

Bundeskanzlerin Merkel tagt am 30. April mit den Ministerpräsidenten

„Ich kann mir vorstellen, dass wir uns von Spieltag zu Spieltag entwickeln“, hat Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (53) der virtuellen DFL-Mitgliederversammlung, diesen Donnerstag um elf Uhr beginnt, bereits vorweggeschickt.

Die Bosse der Bundesliga sind, um im Jargon zu bleiben, auf Schützenhilfe angewiesen. Denn die finale Entscheidung wird erst am 30. April fallen, wenn Bundeskanzlerin Angela Merkel (65) mit den Länderchefs konferiert. Zu spät, damit am 9. Mai schon wieder der Ball rollen kann?

Dass Geisterspiele auf lange Zeit die einzige Option sein werden, um den Ball wieder rollen zu lassen, hat DFL-Geschäftsführer Christian Seifert (50) allen, die es hören oder auch nicht hören wollten, bereits am 16. März eingeimpft. Wer Spiele ohne Zuschauer ausschließe, so Seifert, der müsse sich „keine Gedanken mehr machen, ob wir bald mit 18 oder 20 Profiklubs in der Bundesliga spielen. Denn dann wird es keine 18 Profiklubs mehr geben.“

Task Force stellt vor, wie Geisterspiele ablaufen könnten

Am Dienstagabend enthüllte „Der Spiegel“ den Inhalt eines 41 Seiten langen Entwurfes, wie der Spielbetrieb wieder aufgenommen und Geisterspiele mit minimalen Personalaufwand durchgeführt werden könnten. Die „Frankfurter Allgemeine“ stellte das komplette Papier der Task Force „Sportmedizin/Sonderspielbetrieb“ von DFB-Chefmediziner Tim Meyer (52) vom 15. April online.

Wer den Entwurf durchliest, bekommt einen Eindruck davon, dass Geisterspiele im Vergleich zur bislang einzigen Referenz in der Bundesliga, dem Duell zwischen Borussia Mönchengladbach und dem 1. FC Köln am 11. März, deutlich strengeren Bedingungen unterworfen wären.

Auf den Übersichtsplänen ist sogar der Borussia-Park abgebildet. Sie zeigen, wo sich in drei Zonen (Stadioninnenraum, Tribünenbereich, Stadionaußengelände) jeweils rund 100 Menschen aufhalten dürften und zu welchem Zweck.

Profifußball steht besonders im Fokus

Alles ist genau aufgeschlüsselt. Ein paar Beispiele: vier Balljungen, zwei Doping-Kontrolleure, vier Sanitäter, acht Greenkeeper, drei Fotografen. Klar definiert wird auch, was nicht gehen soll: keine Maskottchen, keine Einlaufkinder, kein Teamfoto vor dem Spiel, keine Zusatzbank neben der Ersatzbank, kein Handshake, unter Umständen werden die beiden Mannschaften nicht einmal gemeinsam einlaufen. Die Spieler sollen, wenn möglich, einzeln duschen, Wellnessbereiche werden gesperrt.

Ein Auszug aus dem Papier der Task Force Sportmedizin/Sonderspielbetrieb zeigt den Borussia-Park.

Ein Auszug aus dem Papier der Task Force Sportmedizin/Sonderspielbetrieb zeigt den Borussia-Park.

Unter „WICHTIG“ ist noch einmal vermerkt: „Im Stadion wird der Blick der Öffentlichkeit auf den Profifußball, die Teams und Akteure in der aktuellen Situation nochmals größer sein als bisher. Wir bitten dringend um vorbildliches Verhalten bezüglich der Hygiene- und Isolierungsmaßnahmen außerhalb des Spielfeldes.“

DFL will Kritikern Demut signalisieren

Kurz bevor das Dokument veröffentlicht wurde, hatte die DFL eine Mitteilung herausgegeben. Der letzte Punkt: „Das DFL-Präsidium weiß um die gesellschaftliche Verantwortung des Profifußballs. In diesem Zusammenhang ist es an allen Entscheidungsträgern, auch Selbstkritik zu üben mit Blick auf Fehlentwicklungen in den vergangenen Jahren.“

Und weiter: „Es steht außer Frage, dass künftig Nachhaltigkeit, Stabilität und Bodenständigkeit zu den entscheidenden Werten gehören müssen. Diese Werte gilt es nach Überwindung der akuten Krise in konkrete Maßnahmen umzusetzen.“

Das Statement soll den Kritikern einen Bundesliga-Restarts ein demütiges Entgegenkommen signalisieren. Man kann es so sehen: Mit einer Defensiv-Taktik geht die DFL in die Offensive. Es ist der letzte von fünf Punkten in der Präsidiums-Mitteilung.

Das DFL-Präsidium findet auch mahnende, fast schon pathetische Worte: „Spiele ohne Zuschauer möchte niemand. Sie sind derzeit für einige Clubs die einzige Möglichkeit, die wirtschaftliche Existenz auch als Arbeitgeber zu sichern. Ziel muss es sein, Bundesliga und 2. Bundesliga in der Form zu bewahren, wie viele Menschen sie seit Jahrzehnten schätzen – mit großer Tradition, Stimmung in den Stadien und einer Vielfalt an Vereinen.“ Falls die laufende Saison nicht beendet werden kann, sollen in den beiden höchsten Ligen 13 der 36 Vereine von einer Insolvenz bedroht sein.

Die Task Force wird ihr Papier am Donnerstag ab 11 Uhr ausführlich vorstellen. Allein der Punkt „Wiederaufnahme des Mannschaftstrainings“ umfasst 31 Vorgaben. Von der Desinfektion der Kabinen über die Regelung des Caterings bis zur Empfehlung, dass die Spieler ihre Klamotten und Schuhe selbst waschen, ist alles dabei. Vorgaben für eine Hotelunterbringung gibt es 18 an der Zahl. Dass neben dem Borussia-Park ein aktuell ungenutztes Vier-Sterne-Hotel steht, könnte sich in den kommenden Wochen besonders auszahlen.

DFL: Corona-Krise könnte „das Gesicht des deutschen Profifußballs einschneidend verändern“

Natürlich muss auch geregelt werden, was passiert, wenn eine Person positiv auf COVID-19 getestet wird. Der DFL soll jeder Fall anonymisiert gemeldet werden, jeder Betroffene soll sofort isoliert werden. Außerdem heißt es: „Keine automatische Meldung eines positiven Falles an die Presse, da Krankheitsverifizierung sowie die klare Dokumentation der vermutlichen Übertragungswege im Vordergrund stehen.“

Die DFL skizziert eine hochdramatische Lage. In ihrer Mitteilung heißt es: „Wir wollen nicht, dass eine wirtschaftliche Krise zu Strukturbrüchen führt, die irreparabel sein könnten und das Gesicht des deutschen Profifußballs einschneidend verändern.“

Es steht also einiges auf dem Spiel in diesem Duell mit der Coronavirus-Pandemie.