Sie verwenden einen veralteten Browser. Bitte aktualisieren Sie Ihren Browser, um Ihren Besuch bei uns zu verbessern.

Von Achim Müller , Judith Malter

Ein Workaholic auf Koffein So tickt Gladbach-Trainer Farke

Daniel Farke, Trainer von Fußball-Bundesligist Borussia Mönchengladbach, während einer Trainingseinheit (5. Juli 2022) in Rottach-Egern am Tegernsee. Farke schaut auf den Trainingsplatz.

Daniel Farke, Trainer von Fußball-Bundesligist Borussia Mönchengladbach, während einer Trainingseinheit (5. Juli 2022) in Rottach-Egern am Tegernsee.

Daniel Farke ist ein Macher, eine Erscheinung auf dem Trainingsplatz. Der neue Cheftrainer von Fußball-Bundesligist Borussia Mönchengladbach hat das Geschehen auf dem Rasen stets im Blick. Klare Kommandos, Trillerpfeife, Farke trägt keine Fußballschuhe, sondern schwarze Sneaker.  

Der 45 Jahre alte Fußballlehrer überlässt offenkundig nichts dem Zufall.

Die Einheiten im Trainingslager am Tegernsee haben es in sich. Die Abläufe zwischen Farke und seinem Trainerteam passen auf den Punkt. Trainings-Didaktik und -Methodik wirken hochprofessionell, die Spieler ziehen mit.

Gladbach-Trainer Daniel Farke und die verrotteten Tomaten

Daniel Farke lernt Borussia Mönchengladbach immer besser kennen – und umgekehrt. 

Der gebürtige Ost-Westfale ist ein Kommunikator, ein Leader, ein kräftig wirkender Typ mit einer eher sanft klingenden Stimme.

Der nicht viel davon hält, über sich und sein Privatleben in der Öffentlichkeit zu sprechen.

„Ich mag es gar nicht so, viel über mich selbst zu erzählen“, sagt Farke und ergänzt auf Nachfrage zu seinem Privatleben. „Es geht nicht um Daniel Farke, sondern darum, Borussia Mönchengladbach nach vorne zu bringen. Ich bin dafür da, den Spielern zu helfen und aus ihnen das Maximum herauszukitzeln.“

Farke ist kein Trainer, der während der Trainingseinheiten erst dann in Erscheinung tritt, wenn die vermeintlich wichtigen Übungsabschnitte an der Reihe sein.

Nein, so tickt Farke nicht. Vielmehr ist er schon beim Stretching, beim Aufwärmprogramm, allgegenwärtig.

Farke ist präsent als Chef-Übungsleiter, von der ersten bis zur letzten Minute einer jeden Einheit.

„Es ist einfach was anderes, ob der Chef dann guckt oder nicht. Ist halt so“, sagt Farke. „lch lasse gewisse Dinge nicht zu. Das kann man so ein bisschen als Workaholic, als detailversessen, als penibel bezeichnen. Das bin ich auch. Trotzdem versuche ich, den Jungs auch ein gewisse Gelassenheit zu geben und auch Spaß zu vermitteln. Wenn wir arbeiten, dann arbeiten wir konzentriert und fokussiert.“

Was mag Farke über sich verraten? „Ich stehe auf Kaffee. Das ist mein größter Fehler, ich trinke den ganzen Tag Kaffee. Schwarz! Ich kann nachts um zwölf Uhr Kaffee trinken und um zwei Minuten nach zwölf einschlafen. Wenn du in diesem Geschäfts erfolgreich sein willst, dann musst du Workaholic sein, dann musst du versessen sein, Tag und Nacht zu arbeiten. Deshalb auch der Kaffee.“

Dass Farke sich selbst als eine Art Workaholic auf Koffein bezeichnet, sei aus seiner Sicht in seinem Beruf unabdingbar: „Wenn du das nicht bist, wenn du nicht detailversessen bist, und nicht bereit bist, alles hinten an zu stellen und an jedem Rad zu drehen – nicht nur inhaltlich und taktisch, dann bist du fehl am Platz.“

Er betont zudem: „Dieses Fußballgeschäft ändert sich stetig, du musst versuchen, vor der Welle zu sein und Dinge zu tun, bevor es andere tun. Und wenn andere nachgezogen haben, dann musst du dich wieder neu erfinden.“

Auszeiten vom Beruf kenne er allerdings, behauptet Farke.

Es sei wichtig, sich auch Auszeiten und Freiheiten zu nehmen. „Ansonsten kannst du nicht auf Top-Niveau arbeiten. Diese Freiräume sind extrem wichtig und das versuche ich auch. Ich kann nicht nur über Fußball reden. Ich bin Diplom-Betriebswirt, ich habe studiert. Ich habe mich immer für Literatur, Filme, Geschichte und Politik interessiert. Ich lese gerne. Und ich versuche sportlich auch noch aktiv zu sein. Ich gehe relativ viel laufen.“

Geht noch mehr Privates, Herr Farke? Wie wichtig ist die Familie, um mal abschalten zu können? „Ich mag es gar nicht, über mein Privatleben zu sprechen“, gibt Farke unmissverständlich zu verstehen.

„Damit das nicht zu sehr beeinflusst ist von meiner Tätigkeit als Fußballtrainer. In dem Geschäft, da ist es ja so, dass es keine gesunde Mitte gibt. Das ist in England auch so gewesen. Entweder bis du der absolute Superstar gewesen – oder die verrotteten Tomaten sind geflogen. Dazwischen gibt es nicht. Für die Familie ist es dann auch nicht immer so heilsam, wenn man das erlebt.“

Farke, ein Workaholic auf Koffein, ist womöglich genau der Typ Trainer, der zum richtigen Zeitpunkt bei Borussia Mönchengladbach angeheuert hat.

Hinter dem Klub vom linken Niederrhein liegen nach einem Höhenflug bis ins Champions-League-Achtelfinale zwei enttäuschende Bundesliga-Spielzeiten.

Zwischenzeitlich schwebte Gladbach vor einigen Monaten sogar mal in Abstiegsgefahr.

Es brauchte also offenkundig eine Menge Arbeit, um die Borussia wieder zurück unter die Top-Klubs der Liga zu coachen.

Dieser Mission stellt sich Farke nun.