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Von GladbachLIVE Redaktion

Nicht zum ersten Mal in Liga eins erlebt Gladbach ist jetzt Spielabbruch-Rekord-Klub

Am 3. April 1971 bricht bei der Bundesliga-Partie zwischen Borussia Mönchengladbach und dem SV Werder Bremen auf dem Gladbacher Bökelberg der Torpfosten. Auf diesem Foto versuchen Bremer Spieler, dass Tor wieder aufzurichten. Sie drücken und schieben.

Am 3. April 1971 bricht während der Bundesliga-Partie zwischen Borussia Mönchengladbach und dem SV Werder Bremen auf dem Gladbacher Bökelberg der Torpfosten. Auf diesem Foto versuchen Bremer Spieler, dass Tor wieder aufzurichten.

Gladbach wartet auf das Urteil des DFB. Wird das abgebrochene Bundesliga-Duell in Bochum (18. März 2022) für die Fohlen-Elf gewertet?

Der Auftakt zum 27. Spieltag im deutschen Fußball-Oberhaus zwischen dem VfL Bochum und Borussia Mönchengladbach war vorzeitig beim Stand von 2:0 für die Elf vom Niederrhein beendet worden, da Schiedsrichter-Assistent Christian Gittelmann von einem Becher am Kopf getroffen worden war.

Der 39-Jährige erlitt eine Schädelprellung und ein Schleudertrauma.

Gladbach: Borussia und der gebrochene Torpfosten sind auch noch in Erinnerung

Der Kontrollausschuss ermittelt. Während Bochum mit empfindlichen Strafen seitens des DFB rechnen muss, kann Gladbach wohl auf drei Punkte und eine Wertung von 2:0 am grünen Tisch hoffen.

Bochum ist nicht das erste Spiel mit Gladbach-Beteiligung gewesen, welches in der Bundesliga abgebrochen worden ist.

Denn: Der wohl kurioseste Spielabbruch der Liga hatte sich am 3. April 1971 in Mönchengladbach, auf dem legendären Bökelberg ereignet: Bei der Partie der Borussia gegen Werder Bremen. Damals brach in der 88. Minute ein Torpfosten. Beim Stand von 1:1 war vorzeitig Schluss. Das Spiel wurde später mit 2:0-Punkten und -Toren für die Bremer gewertet, weil Gladbach nicht rechtzeitig für Ersatz sorgen konnte.

X-fach schon hat der ehemalige Fohlen-Stürmer Herbert Laumen die Geschichte von damals erzählt, die einen festen Platz in der ereignisreichen Geschichte der Borussia hat. „Ein Spektakel“ sei das gewesen, erzählt der 78-Jährige.

Herbert Laumen zeigt am 20. März 2006 im Gladbacher Borussia-Park ein Stück des gebrochenen Pfostens vom Bökelberg. Laumen hält das Stück Holz in seiner linken Hand.

Herbert Laumen zeigt am 20. März 2006 im Gladbacher Borussia-Park ein Stück des gebrochenen Pfostens vom Bökelberg.

Laumens Borussia spielte um die Meisterschaft, Gladbachs damaliger Gegner Bremen gegen den Abstieg. In der Schlussphase, beim Stand von 1:1, wurden die Gladbacher Angriffe wütender. Günter Netzer schlug eine Flanke in den Strafraum, die Werders Schlussmann Günter Bernard über die Latte lenkte. Laumen jedoch flog mit Wucht heran, landete im Netz und fühlte sich dort „wie ein Fisch“, der hernach ziemlich perplex dreinschaute.

„Plötzlich sah ich, wie der linke Torpfosten brach. Ich habe mich blitzschnell geduckt, hörte nur noch ein Krachen und das Riesengelächter in der Nordkurve“, sagte Laumen. Denn das Tor kippte.

Der linke Pfosten war morsch und knickte weg.

„Brechen sie ab“, forderte Netzer den Schiedsrichter auf. Die Gladbacher spekulierten auf eine Spielwiederholung und einen späteren Sieg. „Das war höhere Gewalt. Es ist wohl eindeutig, dass wir nochmal gegen Bremen spielen werden“, sagte Netzer, der in der Kabine Interviews gab.

Über die turbulenten Szenen nach dem Pfostenbruch gab es in der Tat unterschiedliche Beobachtungen. Die Bremer warfen den Borussen Untätigkeit vor. Zu einfach sei deren Absicht einer Spielwiederholung gewesen. Werder hingegen wäre mit dem Punkt im Kampf gegen den Abstieg sehr glücklich gewesen und wollte unbedingt weiterspielen.

Tatsächlich wurde die Partie vom unerfahrenen Unparteiischen Gerd Meuser schließlich abgebrochen. Doch die Hoffnung der Gladbacher erfüllte sich nicht. Das Spiel wurde Ende April 1971 schließlich mit 2:0 für Werder gewertet.

Dass Gladbach am Ende aber dennoch den Meistertitel verteidigte, trug viel zur Symbolik für den Klub bei. „Für uns war das eine Genugtuung“, sagte Laumens damaliger Mitspieler Horst Köppel zur letztlich errungenen zweiten Meisterschaft des VfL Borussia. „Alles andere wäre ja auch eine Farce gewesen“, befand Laumen.

Auch kurios: Zum Zeitpunkt des Vorfalls hatte Laumen den Bremern bereits seine Zusage zum Wechsel gegeben. Doch Werder und Laumen, das passte nicht so recht zusammen. „Ich wurde nicht glücklich in Bremen, hatte dort in zwei Jahren exakt fünf Trainer, weitaus mehr als in meiner restlichen Profizeit“, sagte Laumen dem Internetportal „Deichstube“. Der Angreifer spielte anschließend noch für den 1. FC Kaiserslautern und den FC Metz in Frankreich.

Auch für die Bundesliga war der Vorfall eine Zäsur. In der darauf folgenden Spielzeit gab es keine hölzernen Torpfosten mehr. Sie bestanden fortan aus Aluminium.

Mit den jüngsten Vorfällen in Bochum hat Gladbach nun zwei Spielabbrüche in der Bundesliga-Chronik stehen. Gladbach ist damit sozusagen Spielabbruch-Rekordhalter im deutschen Oberhaus.

Die weiteren sechs Spielabbrüche von ingesamt acht in der Fußball-Bundesliga in der Übersicht.

  • 7. Dezember 1963: Dichter Nebel im Hamburger Volksparkstadion sorgt nach 61 Minuten für das vorzeitige Ende der Begegnung HSV gegen BorussiaDortmund beim Stand von 1:2. In der Neuauflage gewinnen die Hamburger mit 2:1.
  • 2. Dezember 1967: Auch bei der Partie VfB Stuttgart gegen Borussia Neunkirchen lässt die immer schlechter werdende Sicht ein Weiterspielen nicht zu. Abbruch beim Stand von 0:0. Die Wiederholung gewinnen die Stuttgarter mit 2:1.
  • 31. Oktober 1972: Zum dritten Mal erzwingt starker Nebel beim Spiel Eintracht Braunschweig gegen Eintracht Frankfurt einen Abbruch. Nach 45 Minuten ist beim Stand von 3:0 Schluss. Die Neuauflage gewinnt Braunschweig 2:1.
  • 27. November 1976: In Kaiserslautern wird die Begegnung FCK gegen Fortuna Düsseldorf beim Stand von 0:1 in der 76. Minute nach Flaschenwürfen abgebrochen. Schiedsrichter Rudolf Frickel sieht die Sicherheit der Spieler nicht mehr gewährleistet. Die Partie wird mit 2:0 für Düsseldorf gewertet.
  • 11. April 2008: Nach sintflutartigen Regenfällen wird die Partie des 1. FC Nürnberg gegen den VfL Wolfsburg vor Beginn der zweitenHalbzeit beim Stand von 1:0 beendet. Im zweiten Anlauf auf trockenem Boden siegen die Nürnberger mit 1:0.
  • 1. April 2011: Schiedsrichterassistent Thorsten Schiffner wird zwei Minuten vor Ende des Spiels FC St. Pauli gegen FC Schalke 04 von einem vollen Bierbecher im Nacken getroffen. Referee Deniz Aytekin bricht die Partie beim Stande von 0:2 ab. So wird das Spiel am Ende auch gewertet.

Gladbach hat im Europapokal auch noch den „Büchsenwurf vom Bökelberg“ erlebt

Übrigens: Gladbach hat in Sachen „Wurf“ auch auf internationalem Parkett bereits Historisches erlebt. Es sei an den berühmten Büchsenwurf vom Bökelberg erinnert. Am 20. Oktober 1971 war es, als eine Coca-Cola-Dose den ehemaligen Inter-Mailand-Star Roberto Boninsegna (77) am Kopf getroffen haben soll.

Boninsegna war bei Borussias 7:1 gegen Inter Mailand im Europapokal der Landesmeister zu Boden gegangen.

Die UEFA annullierte später dieses Ergebnis und somit eine rauschende Fohlen-Nacht, die Gladbachs Welt- und Europameister Rainer Bonhof (69) als „Borussias bestes Spiel jener Dekade“ bezeichnet.

Borussias Demontage der Italiener im Achtelfinale, das 7:1, ist in keiner offiziellen Wertung der UEFA mehr zu finden.

Wegen des Büchsenwurfes hatte die Disziplinarkommission der UEFA den schwarz-weiß-grünen Fußballrausch kurzerhand aus der Statistik gestrichen. Nach einem 2:4 im Rückspiel in Mailand und einem 0:0 im Wiederholungsspiel am 1. Dezember 1971 im Berliner Olympiastadion schied Borussia gegen den Italien-Klub schließlich aus.

Am 11. September 1993 hatte Gladbach zudem den Kastanien-Eklat auf dem Bökelberg erlebt. Oliver Kahn (52), heute Vorstand der FC Bayern München AG, war damals als Torhüter des Karlsruher SC im Sechzehntelfinale des DFB-Pokals in der 47. Spielminute von einer Kastanie am Kopf getroffen worden.

Gladbach gewann die Partie nach Verlängerung mit 5:3, doch es kam zum KSC-Protest. Schließlich wurde die Partie am 26. Oktober 1993 wiederholt – im Düsseldorfer Rheinstadion. Gladbach siegte vor 38.000 Zuschauern mit 1:0 durch einen Treffer von Thomas Kastenmaier (55).

Und Gladbach hat auch noch in einem weiteren Fall Geschichte geschrieben. Im November 1988 erreichte Borussia die erste Spielwiederholung eines Bundesligaspiels wegen Zuschauereinwirkung.

Damals, am 19. November 1988,  hatte ein Gegenstand, es soll ein Feuerzeug gewesen sein, Borussias Mittelfeldspieler Christian Hochstätter in Karlsruhe am Auge getroffen.

Hochstätter musste ausgewechselt werden. Gladbach verlor das Spiel 1:3 beim KSC. Der DFB entschied anschließend, dass die Borussia durch den Hochstätter-Vorfall entscheidend geschwächt wurde und setzte die Partie im neutralen Heilbronn neu an. Das Wiederholungsspiel endete 2:2.

(dpa/AM)