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Von Achim Müller

Kampf gegen Rassismus und Diskriminierung Gladbach-Kapitän Stindl: „Dieser Verein steht für Werte!“

Gladbach-Kapitän Lars Stindl (l.) und Borussias Stadionsprecher Torsten Knippertz (r.) bei einer Diskussion (28. Februar 2023) zu den Themen Diskriminierung und Antidiskriminierung in der Fohlen-Welt im Borussia-Park. Beide schauen in die Kamera, Knippertz trägt eine Kappe.

Gladbach-Kapitän Lars Stindl (l.) und Borussias Stadionsprecher Torsten Knippertz (r.) bei einer Diskussion (28. Februar 2023) zu den Themen Diskriminierung und Antidiskriminierung in der Fohlen-Welt im Borussia-Park.

Unterhalb des Tribünendachs im Borussia-Park sind seit Jahren riesige Banner befestigt. „Gegen Rassismus“ steht beispielsweise auf einem. Oder „Gegen Gewalt “.

Der Klub setzt sich für wichtige Gesellschaftsthemen ein. Weshalb er in seinem hochmodernen, interaktiven Musem (Fohlen-Welt) zurzeit die Sonderausstellung „Verantwortung in Fußballschuhen“ ins Leben gerufen hat.

Ansatz der Austellung sei es, wie es in einer Mitteilung des Klubs heißt, „die gesellschaftliche Verantwortung von Borussia Mönchengladbach zu erklären und aufzuzeigen“, und wie „jede einzelne Borussin und jeder einzelne Borusse diese mittragen“ könne.

Gladbach: Borussia und die „Verantwortung in Fußballschuhen“

In diesem Kontext hat der VfL nun eine Talkrunde (28. Februar 2023) im Kino der „Fohlen-Welt“ veranstaltet. Thema: „Fankultur und Vielfalt – Diskriminierung und Anti-Diskriminierung in der Kurve“.

Teilnehmer sind neben Moderator Torsten Knippertz (52) auch Borussias Mannschaftskapitän Lars Stindl (34), Fan-Forscher Jonas Gabler und Simon Bender von der Gladbacher Ultra-Gruppierung „Sottocultura“ gewesen.

Simon Bender (l.) von der Gladbacher Ultra-Gruppierung „Sottocultura“ und der Politikwissenschaftler Jonas Gabler (r.) haben an der Diskussion (28. Februar 2023) mit Lars Stindl und Torsten Knippertz im Borussia-Park ebenfalls teilgenommen. Beide schauen zu Stindl rüber, Bender spricht in ein Mikrofon.

Simon Bender (l.) von der Gladbacher Ultra-Gruppierung „Sottocultura“ und der Politikwissenschaftler Jonas Gabler (r.) haben an der Diskussion (28. Februar 2023) mit Lars Stindl und Torsten Knippertz im Borussia-Park ebenfalls teilgenommen.

Dabei betonte der ehemalige Nationalspieler Stindl: „Der Fußball hat eine große Verantwortung, weil er im Mittelpunkt der Öffentlichkeit steht. Er hat genau deshalb auch die Macht, beim Thema Anti-Diskriminierung viel zu bewegen und in gewisser Weise Vorreiter zu sein.“

In dem kurweiligen Talk machte Fan-Forscher Gabler zunächst deutlich:  „Dass es im Stadion ausschließlich positiven Support gibt, ist eine unrealistische Vorstellung. Denn Fußball ist ein Wettkampf, zu dem Emotionen dazugehören.“

Der Politikwissenschaftler ergänzte, dass es allerdings einen großen Unterschied zwischen Beleidigungen und Diskriminierungen gebe. „Schimpfen und auch mal jemanden zu beschimpfen ist so lange in Ordnung, wenn dahinter kein Machtverhältnis steht. Das heißt, andere Menschen dürfen nicht wegen ihres Geschlechts, ihrer Hautfarbe oder ihrer sexuellen Orientierung abgewertet werden.“

Borussia-Anhänger Bender, der zum Vorstand des Gladbacher Fanprojekts („FPMG Supporters Club“) zählt, sagte: „Das Stadion ist für viele Fans ein Ventil, um Dampf abzulassen. In dieser Hinsicht erfüllt der Fußball eine wichtige Funktion. Beleidigungen sind allerdings ganz klar von diskriminierenden Äußerungen zu trennen. Letztere sind weder im Stadion noch woanders zu dulden.“

Stindl äußerte sich zu dem Thema aus Sicht des Borussia-Profis: „Natürlich bekommt man auf dem Platz bestimmte Sprechchöre mit. Solange diese nicht diskriminierend sind, muss man sie aushalten. Wenn es aber persönlich unter die Gürtellinie geht, muss man sich entschieden dagegen zur Wehr setzen.“

Dass das nicht Worthülsen bei Borussia sind, hat der Klub noch im Oktober 2020 demonstriert.

Seinerzeit war der ehemalige Gladbach-Stürmer Breel Embolo (26) auf Instagram rassistisch beleidigt worden. Klub und Team hatten sofort reagiert und sich solidarisch mit dem Schweizer Nationalspieler gezeigt. Zudem wurden Ermittlungen nach dem Täter eingeleitet.

Stindl sagte, der Verein habe sich damals klar positioniert und Haltung gezeigt. „Als Borussia leben wir einen vernünftigen Weg vor. Die Banner, die am Stadiondach hängen, sind zwar nur ein kleines, aber doch sichtbares Zeichen. Ich finde es wichtig, dass jedem Zuschauer dadurch immer wieder bewusst wird, für welche Werte dieser Verein steht.“

In der Gladbacher Fankurve sei in den vergangenen Jahren ein positiver Trend erkennbar, behauptete Fohlen-Fan Bender. „Der Umgangston im Stadion war in der 80er- und 90er-Jahren viel rauer, teils sogar hart diskriminierend. In den vergangenen Jahren hat sich diesbezüglich viel getan. Es gibt sicherlich immer noch Menschen, die sich diskriminiert fühlen. Ich würde aber sagen, dass heutzutage niemand mehr Angst davor haben muss, ins Stadion zu gehen, weil er sich in irgendeiner Art und Weise ausgegrenzt fühlt.“

Auf einen interessanten Punkt machte Fanforscher Gabler aufmerksam: „Es gibt auch die strukturelle Diskrimierung. An den Stadioneingängen wird nach Männern und Frauen getrennt, aber was macht eine Person, die sich nicht eindeutig einem Geschlecht zuordnet?“

Ein Problem, welches beispielsweise auch der Gang zur Toilette im Stadion für diese Person mit sich bringen würde.

Gabler: „Es wäre wünschenswert, dass die Stadien so gestaltet werden, dass sich LSBTIQ-Menschen dort auch wohl fühlen, dann fühlen sich dort auch automatisch Frauen wohler. Bislang ist die normale Annahme ja eher, dass der Fußballfan ein heterosexueller Mann ist. (...) Wenn wir eine geschlechtliche und sexuelle Vielfalt hinbekommen, kriegen wir insgesamt auch ein vielfältigeres Stadion.“

Gabler betonte weiter, dass es Seximus nicht nur in der Stadion-Fankurve geben würde, sondern auch in den VIP-Bereichen zu beobachten sei. „Diskrimierung findet nicht nur im Fanblock statt.“

Gabler beschäftigt sich inzwischen seit über 15 Jahren mit Konflikten und Diskriminierung in Fußballstadien.

In Teilen sieht er eine positive Entwicklung. „Rassismus und Antisemitismus sind in den Stadien inzwischen weitgehend geächtet. Homophobie, Transphobie und Sexismus sind allerdings immer noch zu finden. Dahingehend muss noch viel passieren“, sagte Gabler.

Er sieht sowohl die Vereine als auch die Fans in der Pflicht. „Der Fußball hat ein Riesenpotenzial und kann alle Menschen zusammenbringen. Dafür müssen jedoch Personen, die in den privilegierten Positionen sind, immer wieder reflektieren und sich bewusst machen, an welcher Stelle bestimmte Menschen ausgeschlossen werden. Nur so kann der Fußball Stück für Stück bunter und vielfältiger werden.“

Er kritisierte, dass der Fußball immer noch zu sehr von Männern dominiert werde.

Eine Diskussion, die die rund 50 Gäste im Kino-Saal „Bökelberg“ am Ende mit einem langen Applaus würdigten.

Borussia tut was und setzt wichtige Zeichen!

Gegen Rassimus, Antisemitimus und Diskriminierung!