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Von Piet van Riesenbeck

GladbachLIVE-Interview Borussia-Legende Hannes: „Wir sahen schon, was uns blühen sollte”

Winnie Hannes (2.v.l.) besiegte Real Madrid im Achtelfinal-Hinspiel 1985 mit Gladbach 5:1.

Gladbachs Winnie Hannes (2.v.l.) nimmt es im Achtelfinal-Hinspiel 1985 gegen Real Madrid mit drei Madrilenen auf. 

Mönchengladbach - Mit Real Madrid ist am Dienstagabend (21 Uhr) ein europäisches Spitzenteam zu Gast im Borussia-Park. Für die Königlichen der erste Besuch am Niederrhein, obwohl sich die Wege der beiden Klubs auf internationalem Parkett bereits zwei Mal kreuzten.

Borussia gegen Real Madrid: Winnie Hannes erinnert sich

Die Fohlen bestritten ihr Heimspiele aus Platzgründen damals meist im Düsseldorfer Rheinstadion. Im Achtelfinal-Hinspiel des UEFA-Cups erhielt das Madrider Star-Ensemble dort 1985 eine fast schon historische Niederlage. Und lachte dann doch zuletzt.

Borussias Jahrhundertelf-Verteidiger Wilfried „Winnie” Hannes (63) führte eine junge Fohlenelf damals als Kapitän auf den Rasen im Estadio Santiago Bernabeu und erinnert sich im Gespräch mit GladbachLIVE an eine schaurige Begegnung.

Winnie Hannes, haben Sie die Achtelfinale-Spiele gegen Real Madrid noch im Gedächtnis?

Diese beiden Spiele kann man ja eigentlich gar nicht vergessen. Da ist auf der einen Seite im ersten Spiel so vieles gut gelaufen. Auf der anderen Seite war das Rückspiel aber eine Katastrophe. Wir haben ein 5:1 noch aus der Hand gegeben. In Düsseldorf haben wir einfach einen Sahnetag erwischt. Ich glaube aber, das Real uns wahrscheinlich ein bisschen unterschätzt hat.

Warum wurde Gladbach unterschätzt? Die Borussia war doch zudem Zeitpunkt bereits fünf Mal Deutscher Meister und hatte zwei Mal den UEFA-Pokal gewonnen.

Ja, aber das lag ja Jahre zurück. Damals war so eine Phase, in der wir nicht mehr viel gewonnen haben. Wir waren zwar 1984 noch mal im Pokalfinale, aber ansonsten war nicht mehr groß was mit Gewinnen. Das lag alles sehr weit zurück.

Hannes feiert im Borussia-Park den Sieg den Last-Minute-Sieg gegen AS Rom.

Winnie Hannes freut sich über Gladbachs Heimsieg in der Europa-League-Gruppenphase 2019 gegen AS Rom.

Zwei Mal der gleiche Gegner, zwei so unterschiedliche Ergebnisse. Wie kann das denn sein?

Vor dem Rückspiel waren im Nachhinein so einige Dinge nicht in Ordnung. Wir hatten sehr viel Pech mit Verletzungen. Ich war ja damals Kapitän und hatte mich samstags vor dem Spiel verletzt. Ich bin noch zum Arzt nach Freiburg gefahren und von dort alleine nach Madrid. Außerdem hatten wir an dem Tag einfach eine zu junge Mannschaft. Das muss man einfach so sagen: Wir konnten dem Druck der Madrilenen überhaupt nicht standhalten. Gerade den Jüngeren, die die Atmosphäre noch nicht kannten, denen war angst und bange in Madrid.

Was war so schlimm an Madrid?

Ich war einer der wenigen oder sogar der einzige, der die Atmosphäre in Madrid kannte und wusste, was uns da erwartete. Schon auf dem Weg mit dem Bus zum Stadion waren überall Plakate, auf denen stand „4:0“ und überall Menschen, die uns vier Finger zeigten. Wenn man dann in Bernabeu ins Stadion geht, dann gibt es da einen Zaun: Auf der einen Seite waren die Spieler von Real und auf der anderen Seite waren wir. Wir sahen schon als wir da rauskamen, was uns blühen sollte. Da wurde am Zaun gerappelt und, und, und… Ich glaube, die jungen Spieler wie Georg Dreßen oder Thomas Krisp hat das Nerven gekostet, dieses ganze Spielchen.

Die Leute sollten Recht behalten. Am Ende stand es tatsächlich 4:0. Gladbach war draußen. Haben Sie das vor dem Spiel für möglich gehalten?

Nicht so richtig. Klar, hatten wir an dem Tag keine so gute Aufstellung und hatten paar jüngere Spieler dabei. Aber wir hatten trotzdem genügend Chancen, um in Madrid das Tor zu machen, was wir brauchten. Das hatten wir uns schon vorher gesagt: „Wir brauchen um weiterzukommen ein Tor.” Und wir waren sicher, dass wir das erzielen würden. An dem Tag war es aber wie verhext. Frank Mill lief beim Stand von 2:0 zwei Mal blank auf die Kiste zu. In der zweiten Halbzeit dann noch mal. Also, wie gesagt: Es sollte an dem Tag nicht sein.

Gab es während des Spiels einen Punkt an dem Sie das Gefühl hatten: Jetzt wird das hier noch mal eng, jetzt kippt die Sache?

Ja. Wir hatten vor dem Spiel gesagt, die Madrilenen sollten kein frühes Tor machen. Und das ist ja dann relativ früh eingetreten. Spätestens als das 2:0 dann kurz vor der Halbzeit fiel, war klar: Die glauben wieder an sich. Und wir saßen in der Kabine und haben gedacht: „Oh wei, oh wei! Wenn das dritte fällt, geht aber hier noch mal die Luzie ab.” Wir waren an dem Tag einfach nicht in der Lage gegen so eine Mannschaft wie Real Madrid einigermaßen dagegenzuhalten. Wobei ich dabei bleibe: Der Frank Mill muss das Tor machen, dann wären wir weiter gekommen. Ohne jetzt jemandem einen Vorwurf zu machen: Ein Mann von der Klasse eines Frank Mill, wenn der zwei Mal blank durch ist, muss er einen machen.

Wie hat sich das angefühlt nach so einem Hinspiel-Ergebnis mit leeren Händen nach Hause zu fahren?

Ja, man war leer. Ich hatte persönlich das Gefühl trotz Verletzung als Kapitän ein gutes Spiel gemacht zu haben. Aber es hat ja nichts genutzt, weil wir als Mannschaft 4:0 verloren haben und ausgeschieden sind. Da kann man sich vorstellen, wie die Stimmung dann bei uns im Bus war und auf dem Rückflug war. Das war schon nicht so lustig alles.

Für Gladbach war das für lange Zeit das letzte große Highlight im Europapokal. War Madrid ein Knackpunkt in der Historie von Borussia?

Das ist natürlich spekulativ und spekuliert wird an der Börse. Auf der anderen Seite glaube ich, ist in diesem Spiel auch vieles kaputt gegangen. Der Frank Mill ging dann weg. Ich ging dann weg. Das war bei Borussia unter Jupp Heynckes schon so ein neuer Aufbruch nach der Saison. Man wolle was probieren und der eine oder andere Erfahrene ist dann weg gegangen. Ich glaube, das wäre nicht passiert, wenn wir da weitergekommen wären. Wir hätten glaube ich sehr gute Chancen gehabt, das Ding danach zu gewinnen.

Jetzt trifft Borussia am Dienstag erneut auf Real Madrid. Das erste Aufeinandertreffen seit 1985. Hegen Sie da besondere Gefühle?

Ach, ich glaube, das ist schon zu lange vorbei. Für die Spieler ist das natürlich was Besonderes. Wenn man Real Madrid zieht, da gibt es keine größeren Spiele. Real Madrid hat immer noch diesen Namen, hat immer noch die Erfolge, hat immer noch die klasse Spieler. Da gibt es immer nur Superlative, wenn man Real Madrid zieht. Für Borussia ist das eine ganz tolle Sache, nach so vielen Jahren wieder Champions League zu spielen und dann gegen Real Madrid.

Wie schätzen Sie die Chancen, dass Borussia am Dienstag was holt?

Ich bin immer optimistisch und ich denke, dass Borussia auch die Qualität hat, Real wehzutun. Im Umschaltspiel nach vorne hat Borussia eine gute Struktur. Außerdem haben sie vorne gute Leute, die auch körperlich dagegenhalten. Von daher sind wir sicherlich nicht chancenlos. Aber: Man muss sich im Klaren sein, dass Real Madrid alles versuchen wird, um in Mönchengladbach was zu holen. Die stehen ja nach dem Spiel letzte Woche schon ein bisschen unter Druck. 

Wie geht’s denn am Dienstag aus?

Ich habe vor dem Spiel in Mailand getippt: 2:1 für Borussia. Ich war einfach der Meinung, dass Gladbach gut kontern kann, weil Inter kommen muss. Das sehe ich am Dienstag genauso. Klar könnte man sagen: Man wäre mit einem Punkt zufrieden. Aber das weiß ich nicht. Man geht in ein Spiel, um zu gewinnen. Ich bin also mal optimistisch und sage noch mal: 2:1 für Borussia.