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Von Achim Müller , Judith Malter

GladbachLIVE-Interview Marco Rose exklusiv: Das sagt Borussias Trainer zum Saisonstart, Derby und Zielen

Trainer Marco Rose von Borussia Mönchengladbach beobachtet an der Seitenlinie das Geschehen auf dem Spielfeld.

Trainer Marco Rose hat mit seiner Gladbacher Borussia in der Bundesliga am Samstag das Derby beim Rheinland-Rivalen 1. FC Köln vor der Brust.

Mönchengladbach - Es geht Schlag auf Schlag. Am Donnerstag haben die Macher und Entscheider bei Borussia Mönchengladbach erfahren, dass  der VfL in der Champions League auf Real Madrid, Inter Mailand und Schachtar Donezk treffen wird. Am Samstag (15.30 Uhr) wartet allerdings zunächst einmal das Derby beim 1. FC Köln auf die Fohlen-Elf. Trainer Marco Rose dürfte hinter den Kulissen also einiges in Sachen volle Konzentration zu moderieren gehabt haben, um nach dem Holper-Start in die Fußball-Bundesliga seine Mannen auf den Rheinland-Fight in Müngersdorf einzuschwören. Der 44-Jährige stellte sich vor dem Derby unserer Redaktion zum exklusiven Interview zur Verfügung.  

Herr Rose, 30 Jahre Mauerfall...

Dazu habe ich doch letztes Jahr schon alles gesagt (lacht).

Nichtsdestotrotz haben Sie damals als Junge in Leipzig den Fall der Mauer erlebt, Ihre Mutter hat dafür zuvor auf den Straßen demonstriert.

Für mich sind zahlreiche Dinge inzwischen einfach normal geworden. Es ist deutsche Geschichte und auch ein wichtiger Meilenstein. Man weiß aber ebenso, dass wir mittlerweile ganz andere Themen haben, die unsere Gesellschaft beschäftigen. An Geschichte sollte man sich immer erinnern, aber für mich persönlich ist das kein riesiges Thema mehr.

Weil es für Sie als jemand, der in der ehemaligen DDR aufgewachsen ist, mittlerweile völlig normal ist, im wiedervereinigten Deutschland zu leben?

Ja, genau das. Und ich finde es gut, dass es für mich völlig normal ist. Ganz einfach.

Wie gefällt es denn dem Leipziger Rose nach einem Jahr als Gladbach-Trainer mittlerweile im Rheinland?

Wir haben viel zu tun. Auch in Salzburg habe ich lange gebraucht, um die schönen Seiten der Stadt und der Umgebung genießen zu können. Ähnlich ist das hier im ersten Jahr gewesen. Ich habe allerdings schon die eine oder andere nette Ecke kennengelernt. Grundsätzlich finde ich, dass die Menschen hier im Rheinland sehr freundlich, offen und positiv sind. Ich fühle mich sehr wohl dort, wo ich wohne, was auch an sehr netten Nachbarn liegt.

Sie sprechen es an, Sie haben eine Wohngemeinschaft mit Ihrem Co-Trainer Alexander Zickler, bewohnen gemeinsam ein Haus. Wie muss man sich das vorstellen, wie sieht das WG-Leben aus. Waschen Sie beispielsweise Ihre Wäsche selber?

Zico und ich haben ein nettes Häuschen gefunden, das ist auch ganz anständig eingerichtet. Aber wir in unserer WG gehen auch ganz normal wie jeder andere Mensch einkaufen oder waschen unsere Wäsche. Also, wir überleben schon gemeinsam (schmunzelt).

Sind Sie eigentlich ein eitler Mensch?

Sagen wir es so: Ich achte schon auf mich. Ich gucke, bevor ich aus dem Haus gehe, in den Spiegel. Aber es ist jetzt nicht so, dass ich in der Früh morgens eine halbe Stunde im Bad brauche.

Dann gestatten Sie diese direkte Frage: Würden Sie sich Haare transplantieren lassen, falls bei Ihnen sich allmählich eine Glatze auf dem Haupt ankündigt?

Auch ich habe wahrgenommen, dass da oben was passiert, das steht auf meiner Prioritätenliste aber nicht ganz oben.

Haben Sie bei sich inzwischen so eine Art Coronamüdigkeit ausgemacht – oder wie empfinden Sie als Profi-Trainer das Leben und Wirken in Zeiten der Viruspandemie?

Wir wissen, dass es so rasch nicht einfach wieder gut sein wird. Es ist nunmal Geduld gefragt. Ich habe mich daran gewöhnt, in der Öffentlichkeit Maske zu tragen, beispielsweise beim Einkaufen. Hier im Borussiapark werden wir im Rahmen des Hygienekonzeptes regelmäßig getestet. Es gehört nun zum Alltag dazu, man gewöhnt sich in gewisser Weise daran, aber freut sich schon darauf, wenn es mal vorbei ist. Jeder positive Test in unserem näheren Umfeld sensibilisiert uns natürlich wieder, dass wir auf uns aufpassen müssen.

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Kommen wir zum Sportlichen. Gladbach spielt nun in der Champions League...

...und daraus wollen wir etwas Besonderes machen. Wir wollen uns gerne mit den Besten messen. Wir freuen uns auf die Gegner in der Champions League, gegen die wir gute Leistungen bringen und Punkte holen möchten.

Sie haben bei Ihrem Ex-Klub RB Salzburg ja einige fast schon tragische Ereignisse rund um das Thema Champions League erlebt, sind in der Qualifikation extrem unglücklich gescheitert. Sind Sie irgendwie als Trainer auch erleichtert, dass Sie diese Hymne endlich hören werden, wenn Sie an der Seitenlinie stehen.

Von Salzburg gegangen sind wir letztlich mit der erfolgreichen Qualifikation für die Gruppenphase der Champion League, aber ich mache natürlich keinen Hehl daraus, dass ich mich darauf freue. Allerdings geht es nicht um meine Person, sondern um den Verein und unsere Fans, die wir natürlich gerne dabei hätten. Und ich freue mich für die Jungs, dass sie diese Chance bekommen. Aber trotzdem ist das Tagesgeschäft die Bundesliga.

Das bedeutet?

Da müssen wir uns wieder reinarbeiten, so, dass wir wieder inspirierter auftreten, mit mehr Dynamik, mehr Power. Das ist das, womit wir uns im Moment beschäftigen.

Sind Sie deshalb angespannt?

Nicht mehr als sonst. Als Trainer musst du tagtäglich Ergebnisse und Leistungen erklären.

Auf das Derby kommen wir noch zu sprechen – lassen Sie uns zuvor bitte noch mal nachhaken. Sie haben in den vergangenen Wochen mehrfach davon gesprochen, dass bei aller Euphorie rund um den Klub auch eine gewisse Demut vorherrschen sollte. Meinten Sie damit konkret, weniger von Königsklassen-Themen zu sprechen, um die Demut vor dem Tagesgeschäft Bundesliga nicht aus den Augen zu verlieren?

Natürlich treten wir ambitioniert auf und haben davon geredet, dass wir das, was wir erreicht haben, auch bestätigen wollen. Dazu sehen wir uns auch in der Lage, wenn alle gesund sind. Sie haben Recht, ich habe das Thema Demut bewusst angesprochen. Weil es mir wichtig ist, dass wir auch demütig mit unserer Situation umgehen. Weil man nicht immer im Leben davon ausgehen kann, auch im Sport nicht, dass die Dinge auf Anhieb so rollen, wie man sich das vorstellt. Dann ist es wichtig, dass man sich auf die Basics besinnt und realistisch bleibt.

Wie setzen Sie das um?

Wir fordern es ein und leben es vor. Ambitionen und Demut schaffen Aufmerksamkeit und geben Energie.

Sie können mit dem Start in das Tagesgeschäft Bundesliga demnach nicht zufrieden sein.

Ein Traumstart sieht anders aus. Wir hätten gerne mehr Punkte, wollen besser Fußball spielen und haben analysiert, woran es gelegen hat. Daran arbeiten wir.

Und?

Manchmal gibt es solche Phasen. Das Gegentor gegen Union fällt nicht zufällig so. Wenn wir es vorher klarer und besser in einigen Situationen gemacht hätten, dann hätten wir uns das Glück verdient, dass der Ball eben nicht so reinfliegt, sondern auf die Torlatte klatscht. Oder du hättest vorher das zweite Tor gemacht.

Rose: „Ich habe großes Vertrauen in die Qualität und den Charakter meiner Mannschaft“

Auf was kommt es dann nun aus Ihrer Sicht an?

Immer wieder diesen Spagat zu finden, zwischen der nötigen Selbstkritik und Aufmerksamkeit, an die nächste Aufgabe heranzugehen. Bei sich zu bleiben, an seine Stärken zu glauben und hart zu arbeiten, darum geht es. Aber natürlich weiß ich, dass es in diesem Geschäft am Ende immer nur über Ergebnisse geht.

Kommen wir in diesem Kontext auf das Derby in Köln zu sprechen. In der vergangenen Saison konnte Gladbach beide Duelle gewinnen.

Wir kennen die Brisanz, wir kennen die Wichtigkeit. Da gilt es, Samstag auf dem Punkt da zu sein. Die Jungs wissen das. Wir haben ja auch einige derbyerfahrene Spieler dabei. Und trotzdem: Es ist ein neues Derby, wir müssen uns alles neu erarbeiten und erkämpfen, einen guten Mix finden aus Dagegenhalten, den Fight annehmen, und trotzdem auch kreativ sein und guten Fußball spielen.

Wie nehmen Sie den 1. FC Köln, der mit zwei Niederlagen in die Saison gestartet ist, aus der Distanz wahr?

Sie haben in den ersten beiden Partien nicht das bekommen, was sie sich gefühlt verdient hätten. Köln ist wirklich unangenehm zu bespielen. Sie haben einen guten Mix aus aggressiv gegen den Ball arbeiten und umschalten, trotzdem versuchen sie, Fußball zu spielen. Da müssen wir bereit sein.

Im Training macht es den Eindruck, als sei Ihre Mannschaft bereit.

Ich habe großes Vertrauen in die Qualität und den Charakter meiner Mannschaft. Im Wettkampf musst du das dann auch auf den Punkt auf den Platz bringen gegen den Gegner, der da gerade kommt. Das ist dann nochmal ein Schritt.

Den der FC Bayern immer wieder hinbekommt. Können Sie sich als ambitionierter Trainer noch etwas abschauen vom derzeitigen Nonplusultra in Europa?

Inspiration ist ein wichtiger Faktor, um kreativ zu sein, um Spaß zu haben, motiviert zu sein. Aber wenn du uninspiriert bist, dann sieht ein Training schon anders aus als das, was unsere Jungs machen. Und ja, das Auftreten des FC Bayern in den letzten Monaten war inspirierend.

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Was inspiriert Sie?

Dinge wie ihre Haltung, ihr Umgang mit Fehlern und ihre Bereitschaft, alles bis zur letzten Minute für den Erfolg zu investieren.

Sie vermitteln auch einen gewissen Spirit als Borussia-Trainer, das fällt auf jeden Fall auf.

Wir wollen erfolgreich sein. Dafür ist zum einen immer wichtig, den Finger in die Wunde zu legen, offen und ehrlich zu sein, Dinge klar anzusprechen und einzufordern. Auf der anderen Seite ist es wichtig, eine gute Atmosphäre zu haben, Dinge für sich positiv zu sehen und lösen zu können.

Abschließend: Wäre ein erneuter 4. Platz für Sie ein großer Erfolg – oder streben Sie mit Gladbach sogar noch höhere Ziele an?

Platz 4 ist erstmal nicht so schlecht. Wir bleiben auch diese Saison ambitioniert, lassen uns aber trotzdem nicht festnageln. Wir wollen uns weiterentwickeln und auch schwierige Phasen meistern. Dennoch wissen wir, dass Hertha, Hoffenheim, Wolfsburg oder Frankfurt ähnliche Ambitionen und Möglichkeiten wie wir haben. Dem müssen wir uns stellen.

Sehen Sie hier die komplette Pressekonferenz von Borussia Mönchengladbach vor dem Derby in Köln: