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Von Daniel Thiel

Diese Szene bleibt unvergessen Kein Fußballer in Mönchengladbach so unbeliebt wie er? Ex-Profi wird 80

Roberto Boninsegna posiert für ein Foto.

Einst Borussias Widersacher auf dem Rasen: Roberto Boninsegna (r.), hier am 13. Mai 2023, stand einst beim Bökelberg-Büchsenwurf im Fokus.

Genauso wie die Liebe zur Borussia und teilweise Dauerkarten von Generation zu Generation weitergegeben werden, läuft es auch beim Schmerz dieser einmaligen Situation!

Borussia Mönchengladbach gilt im Jahr des 123-jährigen Bestehens als einer der traditionsreichsten Vereine der Bundesliga. Der Grundstein für den Mythos vieler Fohlen-Geschichten wurde in den 1970er-Jahren, der sportlich erfolgreichsten Zeit der Vereinshistorie, gelegt.

Borussia Mönchengladbach und Inter immer noch durch den Büchsenwurf verbunden

In den vergangenen Monaten feierte Borussia gleich zweimal das 50. Jubiläum der Selbsteinwechslung von Günter Netzer (79) im DFB-Pokalfinale 1973. Im August widmeten die Fans dem legendären Moment eine Choreo im Borussia-Park, im September trafen sich die Pokalhelden anlässlich eines Gladbach-Heimspiels.

Zwei Jahre hatte es in den Siebzigern aber es einen Zwischenfall gegeben, der Borussia mindestens genauso prägte – aber im Gegensatz zum Netzer-Zaubermoment nicht so positiv. 1971 war Borussia drauf und dran, den ersten großen Europapokal-Erfolg zu feiern und entzauberte den damals großen Favoriten Inter am Bökelberg.

Sage und schreibe 7:1 gewannen die Fohlen mit Spielern wie Netzer, Jupp Heynckes (78), Berti Vogts (76) und Rainer Bonhof (71) gegen den italienischen Top-Klub. Wenige Tage später verschwand die Partie aber aus allen offiziellen Statistiken – und landete stattdessen in den Geschichtsbüchern beider Vereine.

Hintergrund dafür ist der Büchsenwurf am Bökelberg in der ersten Halbzeit: Eine Coca-Cola-Dose wurde von einem Zuschauer auf den Rasen geworfen. Ein Inter-Spieler ging zu Boden, wurde dann auf einer Bahre vom Platz getragen – und das führte zur Annullierung der Partie.

Der Inter-Protagonist dieses Zwischenfalls, Roberto Boninsegna, feiert am Montag (13. November 2023) seinen 80. Geburtstag. Bis heute ist er eine prägende Figur bei einer der wohl geschichtsträchtigsten Situationen rund um Borussia Mönchengladbach.

Roberto Boninsegna wird nach dem Büchsenwurf-Skandal am 20. Oktober 1971 am Bökelberg vom Platz getragen.

Die Szene über die auch 52 Jahre später noch gesprochen wird: Roberto Boninsegna wird nach dem Büchsenwurf-Skandal am 20. Oktober 1971 am Bökelberg vom Platz getragen.

Im Fokus des Mythos: Wurde Boninsegna überhaupt getroffen? War die Cola-Dose voll oder nicht? Hat der Inter-Angreifer geschauspielert? Dass darüber Uneinigkeit herrscht, wurde auch im Rahmen des 50. Jubiläums des Büchsenwurfes vor zwei Jahren deutlich.

„Ich bin noch immer der Meinung, dass die Dose leer war. Er behauptet nach wie vor, dass er bewusstlos und die Dose voll war“, sagte Vize-Präsident Bonhof auch ein halbes Jahrhundert später. Sein mittlerweile 80 Jahre alter Kontrahent widerspricht: „Immer wieder wird mir in Deutschland unterstellt, die Verletzung nur gespielt zu haben. Das stimmt nicht, ich habe nicht geschauspielert. Die Dose hat mich am Kopf getroffen, und ich bin bewusstlos zu Boden gefallen.“

Bonhof hat jedenfalls mittlerweile keinen Groll mehr auf seinen einstigen Widersacher: „Ich habe ihm aber zuletzt in einem Telefonat gesagt: ‚Roberto, mach dir keinen Kopf.‘ Sollten wir uns einmal sehen, werden wir uns begrüßen.“

In den vergangenen Jahrzehnten mussten einige Profis feststellen, dass sie nicht in der Gunst der Fans von Borussia Mönchengladbach stehen. Über Jahre wurde Oliver Kahn (54) am Bökelberg und später im Borussia-Park mit Bananen beworfen, einst sogar mit einer Kastanie.

Spieler von Borussias Erzrivalen, dem 1. FC Köln oder stellenweise auch Borussia Dortmund, haben grundsätzlich einen schweren Stand am Niederrhein. Kein Spieler dürfte aber auf Ewigkeit so mit einem Misserfolg der Fohlen – und dem Vorwurf der Schauspielerei – verbunden sein wie Roberto Boninsegna. Den Ruf des unbeliebtesten Fußballers in der Stadt Mönchengladbach dürfte er auch 52 Jahre nach dem Büchsenwurf nicht verloren haben.