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Von GladbachLIVE Redaktion

„Big-Point-Szenen nicht richtig entschieden“ Ex-Schiri kritisiert VAR-Wirbel in Gladbach scharf

Ramy Bensebaini von Borussia Mönchengladbach sah am Freitag (4. November 2022) in der 17. Spielminute im Spiel gegen den VfB Stuttgart von Schiedsrichter Dr. Matthias Jöllenbeck die Gelbe Karte.

Ramy Bensebaini von Borussia Mönchengladbach sah am Freitag (4. November 2022) in der 17. Spielminute im Spiel gegen den VfB Stuttgart von Schiedsrichter Dr. Matthias Jöllenbeck die Gelbe Karte.

Der Videoschiedsrichter in der Fußball-Bundesliga bleibt ein Diskussions-Thema. Auch in der Partie zwischen Borussia Mönchengladbach und dem VfB Stuttgart am Freitagabend (4. November 2022/3:1) gab es wieder eine strittige Szene, die die Trainer noch nach dem Match nachhaltig beschäftigte. Ein Ex-Schiedsrichter hat dazu nun auf „Twitter“ Stellung bezogen und vor allem die Ansetzung des zuständigen Schiedsrichters in Frage gestellt.

Hätte Gladbach-Verteidiger Bensebaini Rot sehen müssen?

Mal wieder hat ein Einsatz des Videoschiedsrichters in der Fußball-Bundesliga für Wirbel gesorgt. Und mal wieder ärgerten sich Trainer darüber, dass er sich überhaupt eingeschaltet hatte. Darüber waren sich Daniel Farke (46) von Borussia Mönchengladbach und Michael Wimmer (42) vom VfB Stuttgart nach dem 3:1 (2:1) der Rheinländer am Freitag (4. November) erstaunlicherweise immerhin einig.

Auslöser war ein Hieb von Gladbachs Ramy Bensebaini (27) ins Gesicht von Stuttgarts Waldemar Anton (26) nach rund 15 Minuten. „Da gibt es keine zwei Meinungen. Das war eine klare Rote Karte“, schimpfte Anton auch nach dem Spiel noch. Schiedsrichter Matthias Jöllenbeck (35) sah das allerdings anders und zeigte Bensebaini wegen einer vermeintlichen Unsportlichkeit die Gelbe Karte. „Wie kann man da Gelb geben?“, fragte Anton verärgert. Auch Wimmer befand, dass „sich die Gladbacher da nicht über eine Rote Karte hätten beschweren können“.

In der Tat schritt Videoschiedsrichter Tobias Welz (45) ein und zitierte Jöllenbeck vor den Monitor. Doch der Unparteiische blieb bei seiner Meinung. Dass das Spiel dafür etliche Minuten unterbrochen wurde, brachte anschließend aber beide Trainer auf die Palme. „Ich habe immer gelernt, dass der VAR einschreiten soll, wenn es sich um eine klare Fehlentscheidung handelt. Wenn der Schiedsrichter aber trotzdem bei seiner Meinung bleibt, dann spricht das doch für sich“, sagte Farke und auch Wimmer stimmte zu: „Wenn der VAR eingreift, muss eine klare Fehlentscheidung vorliegen. Das war offenbar nicht der Fall.“

Ein ehemaliger Schiedsrichter war da allerdings anderer Meinung. Manuel Gräfe (49), bis 2021 selbst als Referee in Deutschlands höchster Spielklasse unterwegs und 2011 zum „Schiedsrichter des Jahres“ gewählt, kritisierte in den sozialen Medien gleich mehrere Entscheidungen seines ehemaligen Kollegen – darunter auch die Bewertung des Bensebaini-Schlags.

Auf „Twitter“ schrieb der 49-Jährige nach der Partie: „Erst moniert Plea nach seinem Abschluss von Stenzel gehalten worden zu sein. Das stimmt, aber nur kurz und kann frei abschließen. Vor der Ausführung des anschließenden Eckstoßes hält Anton Bensebaini fest. Dieser löst sich nur mit dem rechten Arm, holt aus und schlägt ihn mit dem Arm. Der Unterarm trifft mit höherer Intensität Anton am Kinn – Arm ist auch unter Spannung/mehr Wucht – und danach nachschwingend weniger bedeutsam am Körper. Gelb für Anton für das Halten und Rot für Bensebaini für das Schlagen in Ballruhe wäre korrekt. Sicher macht Anton mehr daraus, aber es bleibt ein Schlagen gegen das Gesicht und ist kein Wegdrücken/Stoßen oder leichterer Schlag gegen den Körper.“

Hätte Gladbachs Linksverteidiger also bereits nach einer guten Viertelstunde vom Platz fliegen müssen? Wenn es nach Gräfe geht, heißt die Antwort auf diese Frage eindeutig ja, wenn nicht in der 15. Minute, dann spätestens in der 48., wie er weiter erklärt.

„Nach einer Flanke wird er von einem Teamkollegen leicht nach vorne geschubst und schlägt erneut mit dem Arm – diesmal nach hinten – aus und trifft Stenzel im Gesicht. Dieser Treffer mit der Hand ist nicht so vehement und erheblich wie sein erster mit dem Unterarm, aber spätestens jetzt hätte er bei Ahndung mit Gelb zu Recht dann mit Gelb-Rot sanktioniert das Spiel verlassen müssen. So kann man nicht gegen den Kopf des Gegners ohne entsprechende Folgen agieren.“

Doch die strittigen Bensebaini-Szenen sind nicht die Einzigen, die Gräfe auf „Twitter“ auseinandernimmt. Auch eine mögliche Schwalbe sowie ein potenzielles Handspiel von Borussias Joe Scally (19) werden von dem ehemaligen Schiedsrichter thematisiert. Fazit: Auch hier hätte er selbst andere Entscheidungen getroffen.

Sehen Sie hier die betreffenden Twitter-Nachrichten von Ex-Schiedsrichter Manuel Gräfe:

Gräfe: „28. min: Scally gegen Müller ist eine Schwalbe von Scally – Torwart macht sich nur breit, aber keine aktive Bewegung. Scally hebt auch vorher ab. Kein Strafstoß korrekt – eine Gelbe wegen des Versuchs den Schiedsrichter zu täuschen wäre wünschenswert, damit gegen diese Versuche auch konsequenter vorgegangen wird.“

Und weiter zur 50. Minute: „Führich zieht mit Tempo gegen Scally im Strafraum Richtung Torauslinie. Scally arbeitet mit seinem linken Arm erst parallel gegen Führich gegen dessen Körper. Als er aber merkt, dass Führich vorbeikommt und gleich Richtung Torraum passen wird, nimmt er seinen linken Fuß nach vorn, hat aber seinen Arm noch natürlich auf Höhe seines linken Beines, führt nun aber diesen Arm noch vor sein linkes Bein und verdreht dafür seinen ganzen Körper (rechter Arm geht nach hinten). Er blockt – auch wenn leicht – den Ball und verhindert so einen aussichtsreichen Pass durch das Führen der Hand in die Flugbahn. Es mag sein, dass durch den Kontakt des Balles am Fuß die Absicht des Blockens, on field, schwer zu erkennen ist, aber die Linie beim VAR fehlt weiter. Bei der fehlenden 2. Gelben gegen Bensebaini. In der 48. Minute konnte er formal nicht eingreifen, aber hier wäre eine Review-Empfehlung wünschenswert gewesen.“

Für Jöllenbeck sei die Ansetzung insgesamt undankbar gewesen, so Gräfe. „Freitagsspiele sind wichtig für einen ruhigen Auftakt zum Wochenende. Warum schickt man freitags keinen erfahrenen Schiedsrichter?“

Eine nicht gänzlich unberechtigte Frage – immerhin pfiff Jöllenbeck in seiner noch recht jungen Karriere bislang erst 23 Bundesliga-Partien. Zwar lobte Gräfe in der Folge auch die angenehm ruhige, sachlich freundlichen Art Jöllenbecks, merkt aber auch an, dass dieser bei den Big-Point-Szenen „leider nicht richtig“ entschied. „Das ist ärgerlich, zumal ich die Verantwortung in erster Linie in der Ansetzung sehe“, so sein kritisches Fazit.

(dpa/Jum)