Erster Gladbach-Brasilianer Er spielte mit zu kleinen Schuhen – und ging zu Fuß zum Bökelberg

Chiquinho da Silva für Gladbach am 4. April 1999 am Ball. Die Schuhe scheinen hier zu passen.
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Schuhe sind immer wieder Thema in der 125-jährigen Fohlen-Geschichte – bei diesem Kicker aus der Jahrtausendwende wurden sie zu seiner Anfangszeit aber zum Problem.
Ob es um die eigentlich versteigerten Treter von Arie van Lent geht, die er sich nach Torflaute zurückholte und prompt einen Dreierpack im Derby gegen den 1. FC Köln erzielte, oder die angeblich ungeschnürten Schuhe des wechselwilligen Michael Cuisance – an kuriosen Anekdoten zum Arbeitswerkzeug der Fußballer mangelt es Borussia Mönchengladbach nicht.
Mit Gladbach abgestiegen: Brasilianer Chiquinho blickt auf seine Fohlen-Zeit
Für Alexandre Da Silva (51), besser bekannt als Chiquinho, war es ein schönes Wiedersehen, als er am ersten Augustwochenende zum großen Jubiläum seines Ex-Klubs auf ehemalige Kollegen und Vereinslegenden am Borussia-Park traf.
Der erste Brasilianer in der Geschichte des Traditionsvereins vom Niederrhein kam 1997 aus Brasilien nach Mönchengladbach und blieb dort bis zum Sommer 2000, als er sich Rot-Weiß Oberhausen anschloss. Mit Ausnahme von vier Jahren in Österreich trieb es Chiquinho dann nicht mehr aus Deutschland.
Heute ist der Ex-Profi, der 2013 seine aktive Karriere beendete, Vizepräsident bei der Spieler-Gewerkschaft VDV. In der aktuellsten Ausgabe des Mitgliedsmagazins „Wir Profis“ spricht Chiquinho über seine Anfänge in Deutschland und wer ihm bei Borussia den Einstieg erleichterte.
„Anfangs war mir in Deutschland alles eher fremd. In den ersten Monaten hatte ich oft Heimweh und wollte einfach nur nach Hause. Häufig wird übersehen, unter welchem immensen Druck ausländische Spieler stehen, gerade wenn sie, wie ich, aus ärmeren Verhältnissen stammen. Du willst unbedingt den Durchbruch schaffen, um deiner Familie zu helfen, aber es kommt dir so vor, als seiest du in einer komplett anderen Welt wachgeworden“, beschreibt der 51-Jährige seine Erfahrungen.
Die stärkste Barriere war dabei vor allem die Sprache. „Als ich in Mönchengladbach vorgestellt wurde, hat man mir zu kleine Schuhe gegeben“, plaudert der Brasilianer aus der Vergangenheit. „Ich wollte protestieren, aber niemand hat verstanden, was ich sagen wollte. Also bin ich tatsächlich mit den zu kleinen Schuhen raus ins Stadion und war froh, als ich sie wieder ausziehen konnte.“
Auch die finanziellen Mittel stellten eine Hürde im normalen Profi-Alltag dar: „Neben den sprachlichen Herausforderungen musste ich die ersten Wochen täglich zu Fuß zum Bökelberg zum Training laufen, weil ich noch kein Auto hatte. Als Profi war das schon eher ungewöhnlich, aber es gibt Zeiten, da beißt man sich durch. Ich wusste, dass der Dreijahresvertrag in Gladbach die sicherere Variante war und meiner Familie in Brasilien ein anderes Leben ermöglichen würde.“
Damals bekam Chiquinho, der in 38 Pflichtspielen für die Fohlen fünf Tore erzielte, Unterstützung von seinen Mannschaftskollegen: „Leute wie Stefan Effenberg, Kalle Pflipsen, Uwe Kamps oder Peter Wynhoff haben mir zu Beginn viel Stabilität und Motivation gegeben – sowohl auf als auch neben dem Platz. Auch zu Rolf Rüssmann und Rainer Bonhof hatte ich ein starkes Vertrauensverhältnis.“
Heute hilft der Ex-Stürmer mit seiner Gewerkschaftsarbeit selbst häufig ausländischen Spielern dabei, den Start in Deutschland zu vereinfachen.
An seine Borussia-Zeit denkt Chiquinho bis heute gerne zurück: „Ich bin mit viel Freundlichkeit und Wärme in Gladbach aufgenommen worden.“ Das zeigte sich auch in seinem Dauergrinsen beim Jubiläumswochenende im Borussia-Park. Er kam mit dem Auto – und sicher auch mit passenden Schuhen.