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Vom Fohlenstall bis nach Aserbaidschan Ex-Gladbach-Talent spricht über Auslands-Abenteuer

Joy-Lance Mickels im Trikot von Borussia Mönchengladbach, zu sehen am 31.03.2013 bei der „U19 Champions Trophy“ in Düsseldorf im Duell mit Javi Munoz von Real Madrid.

Joy-Lance Mickels im Trikot von Borussia Mönchengladbach, zu sehen am 31.03.2013 bei der „U19 Champions Trophy“ in Düsseldorf im Duell mit Javi Munoz von Real Madrid.

Einst spielte er in der Jugend von Borussia Mönchengladbach und stand kurz vor der Profimannschaft, jetzt schnürt er in Aserbaidschan die Fußballschuhe. Joy-Lance Mickels (28) sprach nun im Interview bei „Transfermarkt“ über seine bewegte Karriere.

Einst Gladbach-Talent, jetzt in Aserbaidschan

2005 kam der damals elf Jahre alte Mickels zu Borussia Mönchengladbach und durchlief die Jugendmannschaften im Fohlenstall. Für die U17 lief er 21-mal auf, für die U19 spielte er sogar 37-mal.

In der Saison 2012/13 erzielte er 17 Tore in 26 A-Junioren-Bundesligaspielen und traf auch in einem internen Test gegen die Profimannschaft. In den Kader von Lucien Favre schaffte er es jedoch nicht.

„Zu diesem Zeitpunkt war ich fest davon überzeugt, dass ich ein Teil der ersten Mannschaft werden würde. Jedoch wurde ich aus verschiedensten Gründen immer wieder vertröstet“, so Mickels heute. Stattdessen folgte der Umweg über die U23.

Dort lief es dann auch verletzungsbedingt nicht optimal, weswegen es Mickels 2014 in die Zweitvertretung von Schalke 04 zog. Dass es auch bei S04 trotz Training im Profikader nicht für einen Bundesliga-Einsatz reichte, führt der heute 28-Jährige auf seine Einstellung zurück.

„Ich war nicht so professionell, wie ich es hätte sein müssen. Bei den Partien für die zweite Mannschaft war ich vom Kopf her nicht da. Für einen jungen Spieler ist es schwierig, wenn er bei den Profis trainiert und dann bei den Amateuren spielen soll“, blickt er zurück. „Heute kann ich jedem jungen Spieler nur den Ratschlag geben: Nutzt jede Form von Spielpraxis.“

Über Alemannia Aachen (2016 bis 2017), Wacker Nordhausen (2017 bis 2020), Carl-Zeiss Jena (2020) und den niederländischen Zweitligisten MVV Maastricht (2020 bis 2021) führt ihn der Weg vor eineinhalb Jahren zu Sabah FK nach Aserbaidschan. Ein ungewöhnlicher Schritt.

„Spannend, interessant und exotisch“

„Aus irgendwelchen Gründen fand ich das Angebot spannend, interessant und exotisch zugleich. Am Ende habe ich mir gedacht: Ich habe nur eine kurze Zeit als Profifußballer. Warum probiere ich es nicht aus? Zumal man unter Umständen an der Europa Conference League teilnehmen kann“, sagt Mickels.

In der aktuellen Saison liegt Sabah FK nach 16 Spieltagen auf Platz zwei, nur fünf Punkte hinter Serienmeister Qarabag Agdam. Der aserbaidschanische Meister nimmt an der Qualifikation zur Champions League teil, der Zweit- und Drittplatzierte tritt in der Quali zur Europa Conference League an.

Auch für Mickels läuft es gut. In 15 Spielen erzielte er sieben Tore und legte weitere fünf vor. Dabei war der Start alles andere als einfach.

„Nach zwei Wochen wollte ich eigentlich schon alles abbrechen. Zu diesem Zeitpunkt lebte ich noch im Hotel, hatte keine Wohnung in Baku und fast keiner sprach Englisch. Ich musste mich zudem an die Trainingsbedingungen gewönnen, die nicht vergleichbar sind mit denen, die man aus Deutschland oder den Niederlanden kennt“, erzählt er.

Doch Mickels lebte sich ein, spielte gut und wurde zum Publikumsliebling. Den sportlichen Erfolg macht er vor allem an seiner professionellen Einstellung fest: „Ich bin in einem Alter angekommen, in dem man mehr über sein Handeln reflektiert. Früher habe ich viel Zeit an der PlayStation verbracht, heute verbringe ich viel Zeit im Kraftraum und kümmere mich um die Regeneration.“

Denn: „Die Liga ist sehr robust und körperlich. Die Abwehrspieler sind klassische Wadenbeißer. Hier wirst du in jedem Spiel körperlich angegangen und es geht auf die Knochen.“

Nicht nur auf, auch neben dem Platz kommt er immer besser zurecht: „Ich habe die Menschen hier als unglaublich herzlich und offen kennengelernt. Baku ist für uns als Familie eine sehr lebenswerte Stadt, mit vielen entspannten, ruhigen Ecken.“

Für Joy-Lance Mickels war der ungewöhnliche Schritt nach Aserbaidschan also die richtige Entscheidung, um die Karriere als Profifußballer fortzusetzen. „Aserbaidschan, aber auch meine kleine Familie, haben mich wirklich geerdet“, resümiert er.

Nur einen Wunsch hat Mickels: „Wir Spieler werden selbst in einer Millionenstadt wie Baku erkannt und angesprochen. Die TV-Quoten sind sehr gut, überall läuft Fußball. Ich würde mir aber wünschen, dass mehr Fans ins Stadion kommen. Bei Top-Spielen haben wir mehr als 10.000 Zuschauer, bei normalen Spielen sind es aber nur 3000.“

Vielleicht kommen die ja, wenn es mit dem internationalen Geschäft klappen sollte.