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Von Antonia Raabe

„Wollte zweimal aus Gladbach abhauen“ Ex-Stürmer Voronin spricht über schwierige VfL-Zeit

Andriy Voronin, hier bei den AOK Traditionsmasters am 6. Januar 2018 im Gladbach-Trikot.

Andriy Voronin, hier bei den AOK Traditionsmasters am 6. Januar 2018 im Gladbach-Trikot. 

Mönchengladbach - Der gebürtige Ukrainer Andriy Voronin (41) kam 1997 nach Deutschland. Auf Drängen seines Vaters. Der Traum: Fußballprofi werden. Seine erste Station: Borussia Mönchengladbach. Nach nur neun Einsätzen bei den Gladbacher-Profis folgten Stationen unter anderem bei Mainz 05 und bei den Rheinland-Rivalen Köln, Bayer Leverkusen und Fortuna Düsseldorf. Über seine ersten Schritte im Profigeschäft, Fluchtversuche aus Gladbach und Jürgen Klopps spontane Beförderung zum Trainer in Mainz hat Voronin nun im Interview gesprochen. 

  • Andriy Voronin hat im Interview seine Bundesliga-Karriere Revue passieren lassen
  • Der gebürtige Ukrainer verrät, dass er 1997 auf Drängen seines Vaters nach Deutschland kam
  • Rückblickend nennt der heute 41-Jährige den Start seiner Karriere in Mönchengladbach „die schwierigste Zeit“

Ex-Gladbacher Voronin: Vater wollte, dass er Profi wird

„Sobald ich laufen konnte, hat mir mein Vater einen Ball vor die Füße geworfen. Er wollte von Anfang an, dass ich Profi werde. Er war früher selbst aktiv und talentiert, allerdings wollte seine Mutter, dass er sich mehr auf die Schule konzentriert und hat es ihm verboten. Also hat er seinen Traum auf mich übertragen“, erinnert sich Voronin im Interview mit „Spox“ und „Goal“ an seine Kindheit. 

„Ich dachte mir, entweder werde ich Fußballer oder gar nichts mehr. Damals hätte sich allerdings keiner vorstellen können, dass es tatsächlich klappt“, so Voronin. 

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1995 wechselte Andriy Voronin schließlich mit nur 16 Jahren aus der Ukraine in die Jugendabteilung von Borussia Mönchengladbach. Wie es dazu kam, schildert er so: „Andrei Golovash, der später mein Berater wurde und heute noch ist, hat mich auf einem Turnier mit der Juniorennationalmannschaft entdeckt. Er hatte Beziehungen nach Gladbach und hat Kontakt zu meinen Eltern aufgenommen.“

Der Ukrainer weiter: „Das war einzig die Entscheidung meines Vaters, ich wollte gar nicht so weit weg von meiner Familie sein. Ich konnte die Sprache nicht, hatte keine Freunde dort. Ich wollte mein damaliges Leben genießen und weiter in der Heimat Fußball spielen, anstatt alles aufzugeben. Das hat mir Angst gemacht, aber ich hatte keine andere Wahl. Anfangs habe ich das nur für meinen Vater getan.“

Ex-Gladbacher Voronin: Vater überredete ihn zu Wechsel zum VfL

Sein Vater überredete den ehemaligen Stürmer: „Mein Vater hat mir erklärt, dass ich in der Ukraine nicht weit kommen würde und der Fußball in Deutschland ein ganz anderes Niveau habe. In Odessa hatten wir keine richtigen Bälle oder Wasser, um nach dem Training zu duschen. Der Verein wurde nicht ausreichend finanziert.“

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Nach zwei Trainingseinheiten unterschrieb Andriy zusammen mit seinem Vater seinen Vertrag in Gladbach. Da er für die A-Jugend noch zu jung war, musste er noch sechs Monate bis zum Start der neuen Saison warten. „Und damit begann die schwierigste Zeit für mich“, sagt Voronin rückblickend.

Der heute 41-jährige erinnert sich: „Die ersten anderthalb Jahre waren sehr schwer. Ich wollte zweimal abhauen. Als ich meinen Eltern erstmals mitgeteilt hatte, dass ich zurück möchte, bekam mein Vater Herzprobleme und musste ins Krankenhaus. Also habe ich mich entschieden, für ihn zu bleiben. Ich wollte ihn nicht enttäuschen. Rückblickend hätte ich die Entscheidung nicht noch einmal so gefällt.“

Voronin: „Wollte zweimal aus Mönchengladbach abhauen“

1997 feierte Andriy Voronin mit 18 Jahren im Spiel gegen Bayern München sein Profi-Debüt für die Gladbacher. Fohlen-Trainer zu der Zeit war Norbert Meier, unter dem Voronin schon in der A-Jugend und in Borussias zweiter Mannschaft trainiert hatte. 

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„Als es 0:3 stand, sagte der Co-Trainer, ich solle mich warmmachen. Zwei Minuten später kam er erneut und sagte, ich solle mich umziehen. Das ging alles sehr schnell. Gegen eine Mannschaft mit Spielern wie Lothar Matthäus aufzulaufen, war ein Traum. Ich weiß gar nicht, ob mein Vater einen Sender fand, der das Spiel übertragen hat. Am Ende war ich ihm sehr dankbar für seine Hartnäckigkeit“, erzählt Voronin. 

Was danach folgte, waren allerdings nur acht weite Einsätze bei Gladbachs Profis. Schuld daran: Eine Knieverletzung. „Ich habe mir das hintere Kreuzband gerissen. In meinem zweiten Profi-Jahr sind wir abgestiegen, es kamen neue Spieler und es gab viele Trainerwechsel. Als junger Spieler war es damals schwer, wieder reinzukommen. Man musste wesentlich länger auf seine Chance warten“, erklärt der ehemalige Fußballer. 

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Im Sommer 2000 wechselte Voronin schließlich nach Mainz. „Mainz war gefühlt meine letzte Adresse. Ich habe mir während der Zeit, in der ich in Gladbach nicht gespielt habe, sehr viel Druck gemacht, mir ging es sehr schlecht. Anfangs wusste ich nicht einmal, wo Mainz war“, erzählt er. 

Voronin lobt: „Klopp ist echt ein super Kerl“

Besonders erinnert sich der ukrainische Nationalspieler an den heutigen Liverpool-Coach Jürgen Klopp (54), der vorerst sein Teamkollege war. „Er war sehr ehrgeizig, laut und hat im Stadion immer die Fans und Teamkollegen gepusht. Er lebt den Trainerjob, das hat ihm im Verlauf der Jahre viel geholfen. Klopp war ein super Kerl.“

Doch die Situation in Mainz war bescheiden. Denn: Die 05er standen in der Saison 2000/01 nach zwei Trainerwechseln vor dem 20. Spieltag auf einem Abstiegsplatz. Dann übernahm Jürgen Klopp das Zepter des Cheftrainer.

Wie hat die Mannschaft reagiert hat, als Klopp mit 34 Jahren vom Spieler zum Coach wurde, beschreibt Voronin heute so: „Als Trainer war er zu Beginn nicht so überzeugend, hat sich im Laufe der Zeit jedoch gebessert. Auf einmal haben wir angefangen, zu gewinnen. Am Ende haben wir mit einer unveränderten Mannschaft die Klasse gehalten. Der Fußballer weiter: „Keiner hätte damals gedacht, dass Klopp so erfolgreich sein wird. Die Stimmung im Team war großartig. Wir waren nach fast jedem Heimsieg zusammen trinken und tanzen.“

Voronin schloss sich Gladbachs rheinischen Rivalen an

Für Voronin folgte 2003 der Schritt zum 1. FC Köln, nur ein Jahr später zu Bayer Leverkusen. „Als ein paar Monate vor Saisonende rauskam, dass ich nach Leverkusen wechseln werde, haben sie mir vorgeworfen, absichtlich nicht gespielt zu haben. An der Tankstelle habe ich den ein oder anderen Spruch abbekommen“, erinnert sich der heutige Trainer an die Zeit vor dem Wechsel zum Erzrivalen aus dem Rheinland.

„Die Gladbacher können mich wahrscheinlich auch nicht leiden, aber das war meine Schuld“, erzählt Voronin und fügt hinzu: „Weil ich 2007, als sie um den Abstieg spielten, in letzter Sekunde mit Leverkusen das Siegtor geschossen habe und anschließend mit den Kollegen vor der Fankurve der Borussia gejubelt habe. Das war aber nicht gegen die Fans gerichtet, sondern vielmehr der Frust darüber, dass man mir damals keine faire Chance gegeben hatte.“

Sehen Sie hier Andriy Voronin als Co-Trainer von Dynamo Moskau:

Von Leverkusen ging es 2007 auf die Insel zum FC Liverpool. 2008 folgte eine einjährige Leihe zu Hertha BSC. Dort war zu der Zeit der Ex-Gladbach-Coach Lucien Favre (63) Trainer. Voronin erinnert sich gerne an den Schweizer Taktikfuchs: „Er war wie alle Schweizer, die ich kenne: sehr intelligent und höflich. Wenn er versuchte, laut zu werden, kam das etwas komisch rüber, weil er eigentlich ein ruhiger Typ ist. Er hat uns Spieler immer gesiezt. Ich habe mich sehr gefreut, dass er solch eine gute Trainerkarriere hingelegt hat.“

Von Dynamo Moskau ging es für Voronin in Form eines Leih-Geschäfts zu Fortuna Düsseldorf, wo er erneut auf den ehemaligen Gladbach-Coach Norbert Meier traf. „Ich bin ihm für alles dankbar, was er zu Beginn meiner Karriere für mich getan hat. Sein Verhalten in Düsseldorf war allerdings sehr billig. Ich wollte, dass er mich in Ruhe lässt, ich war ohnehin nur ausgeliehen. Ich kam nur zu ihm, weil er wollte, dass ich der Mannschaft zum Klassenerhalt verhelfe“, sagt Voronin heute. 

Weiter erklärt er: „Er hat versucht, mich vor der Mannschaft kleinzumachen und seine Autorität zu untermauern, obwohl ich nie etwas gegen ihn gesagt habe. Irgendwann hatte ich die Schnauze voll und habe gekontert. Für mich war klar, dass ich definitiv nach Moskau zurückkehren werde. Rückblickend war es ein Fehler, nach Düsseldorf zu gehen.“

Voronin treibt heute seine Trainer-Karriere voran

Nach seinem aktiven Karriereende 2015, wurde Voronin Trainer beim FC Büderich. Seit 2020 ist er Co-Trainer bei Dynamo Moskau. Wohin es ihn in Zukunft treiben wird, will der 41-Jährige nicht festlegen. „Aktuell kann ich keine Prognose abgeben, da ich noch in der Lernphase bin. Ich bin glücklich darüber, dass ich wieder im Fußballgeschäft tätig bin, in dem ich mein ganzes Leben aktiv war. Daher bin ich derzeit sehr zufrieden.“