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Von Leo Bach (lb)

GladbachLIVE-Kommentar Köln ist trotzdem besser: Fohlen dürfen sich vom Derbysieg nicht blenden lassen

Der Borussia-Park vor dem Derby mit Choreo in der Nordkurve. Auf dem großen Fernseher ist Eugen Polanski eingeblendet.

Der Borussia-Park vor einem scheinbar richtungsweisenden Derby gegen den 1. FC Köln. Auf dem großen Fernseher ist Eugen Polanski eingeblendet.

Die Länderspielpause kommt zur rechten Zeit. So gutgelaunt wie der Fohlen-Anhang geht wohl kaum eine Fanbase der Bundesliga in das spielfreie Wochenende.

Der Sieg im DFB-Pokal über den Karlsruher SC (3:1) war der Auftakt, die beiden Bundesliga-Dreier gegen den FC St. Pauli (4:0) und der jüngste Derby-Erfolg über den 1. FC Köln machten den Aufschwung für Borussia Mönchengladbach perfekt. Nach einer schier ewig langen Durststrecke ohne Sieg feierte Borussia zuletzt drei Stück in Folge. Die aufgekommene Stimmung birgt aber auch Gefahren. Ein Kommentar.

Gladbachs Prüfungen warten noch: der Derbysieg kann täuschen

Zu Zehnt gegen den bis dato noch makellosen FC Bayern München lange mitgehalten, den Pokal überstanden, auf St. Pauli ein Auswärtsfest gefeiert und zu Hause den verhassten Erzrivalen mit 3:1 aus dem Borussia-Park geschossen. Kein Wunder, dass Eugen Polanski (39) kurz vor der festen Vertragsunterschrift steht – oder?

In der Länderspielpause strahlte der (noch) Interimstrainer daher zu Recht einiges an Selbstvertrauen aus. Ebenjenes, das den Fohlen zu Saisonstart abhandengekommen war.

Die Mannschaft schien nach zahlreichen Niederlagen in eine Abwärtsspirale zu geraten. Das Pokalspiel gegen einen Zweitligisten kam daher zur rechten Zeit, diente als Brustlöser. Nur wenige Tage später dann der fulminante Erfolg gegen kriselnde St. Paulianer und schließlich eben der Derbysieg. 

Polanskis Truppe zeigt sich einsatzbereit, spielt Fußball, findet spielerische Lösungen und hält auch als Mannschaft zusammen. So zumindest der Konsens im Borussia-Park und darum herum. Was dabei in den Hintergrund gerät: Gladbach steht nach zehn Spieltagen aus gutem Grund nur vier Punkte vor dem 18. Platz.

Die „Rote Laterne“ hält derzeit der 1. FC Heidenheim, Borussias nächster Gegner in der Bundesliga nach der Länderspielpause (22. November 2025, 15.30 Uhr). Dass die lange Sieglosserie der Fohlen sich nicht über die ganze Saison ziehen würde, war klar. Ein Erfolgserlebnis im Pokal brachte die Wende, zwei weitere Siege den Aufschwung. Ob dieser aber Substanz hat, muss sich in Duellen wie solchen gegen Heidenheim zeigen.

Denn so viel der VfL-Anhang in den vergangenen Wochen auch wieder endlich feiern und bejubeln durfte, wirklich ansehnlichen und vor allem bundesligareifen Fußball spielte Borussia dabei nicht immer. Gerade gegen den 1. FC Köln war sichtbar, dass die Fohlen sich die zuletzt ergatterten Punkte wirklich hart erkämpfen mussten.

Ein Kampf, der ermüdend sein kann, zwar nicht unbedingt in einem Abstiegskampf münden muss, wohl aber schon die Ästethik und Rhetorik dessen in dieser Saison stellenweise annahm.

Zur Länderspielpause gab es ein Testspiel gegen einen belgischen Zweitligisten. Beim knappen 1:0-Sieg traf nur U19-Talent Iaia Manco Danfa für Gladbach. Das Testspiel gegen Lierse SK ist kein Gradmesser, aber auch nicht ganz ohne Aussagekraft. Immerhin standen Top-Stars wie Franck Honorat, Rocco Reitz, Florian Neuhaus und Co. auf dem Feld. Diesen Gegner mit solch einer Besetzung (und dem Derbysieg im Rücken) nicht an die Wand zu spielen, zeigt, dass Borussia eben nicht das heiße Team der Stunde ist.

Was das überschaubare Mönchengladbach und die Millionenstadt Köln auch unterscheidet, ist die Erwartungshaltung. Trotz der Größe des Vereins ist am Niederrhein noch Demut aus den zurückliegenden Monaten übriggeblieben, Realismus ist angesagt. Vom Europapokal spricht kaum jemand. 

Das sieht bei den Kölnern, die auf Platz neun nur noch fünf Zähler vor Gladbach stehen, schon anders aus. Allerdings lässt sich das eben nicht ausschließlich mit der kölschen Euphorie-Affinität erklären. Der FC spielt überzeugenden Fußball unter Lukas Kwasniok (44), Top-Talent Said El Mala (19) begeistert die Massen, wurde jetzt sogar zum DFB berufen, die Sommertransfers schlugen voll ein. Rheinabwärts träumt man von einer erfolgreichen Saison.

Den Derbysieg hat Borussia in der Tasche und der kann ihr auch nicht mehr genommen werden. Doch darauf darf sich der taumelnde Traditionsklub nicht ausruhen. Die unbequeme Wahrheit: Der 1. FC Köln ist besser – und das als Aufsteiger. Beim Abstiegskandidaten Heidenheim kann Polanski zeigen, dass das Potenzial da ist, aufzuschließen. Gelingt das nicht, kehrt man auf den Boden der Tatsachen zurück. Wie es sich dort lebt, weiß Borussia Mönchengladbach inzwischen nur zu gut.