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Von Achim Müller

GladbachLIVE-Interview Weltmeister Kramer exklusiv: Über Top-Form, den Fall Embolo und Rose-Gerüchte

Weltmeister und Mittelfeldspieler Christoph Kramer, hier zu sehen auf einem Foto vom 25. November 2018, blickt lächelnd in die Kamera, als er das Bundesliga-Spiel zwischen Borussia Mönchengladbach und Hannover 96 verfolgt.

Gladbachs Weltmeister und Mittelfeldspieler Christoph Kramer, hier zu sehen auf einem Foto vom 25. November 2018, ist derzeit in einer starken Form und hat sich unserer Redaktion zu einem ausführlichen Interview zur Verfügung gestellt.

Mönchengladbach - „Hey, wie geht es? Hier ist Christoph Kramer. Wir sind zum Interview verabredet.“ So sympathisch meldet sich der 29-Jährige Borussia-Profi, als er, bedingt durch die Coronapandemie, dem GladbachLIVE-Reporter zumindest zum Telefon-Interview zur Verfügung steht. Kramer ist mittlerweile eine der ganz großen Identifikations-Figuren im Borussia-Park. Der Weltmeister von 2014 präsentiert sich seit Monaten in starker Form, ist Stammspieler und hat auch in der Champions League gegen Gegner wie Inter Mailand oder Real Madrid überzeugen können. Vor Gladbachs Bundesliga-Duell am Samstag (30. Januar 2021/15.30 Uhr) bei Union Berlin, in dem Kramer der 200. Bundesliga-Einsatz winkt, hat sich der gebürtige Solinger ausführlich zu seiner und der sportlichen Situation bei Borussia geäußert. Dazu Einblicke gewährt, wie der Fall Embolo in der Fohlen-Kabine aufgenommen worden ist, zudem spricht er über die Rose-Gerüchte, das Thema Nationalmannschaft oder das nahende K.o.-Duell in der Champions League gegen Manchester City.     

  • Weltmeister Christoph Kramer im GladbachLIVE-Interview
  • Bei Union Berlin winkt Kramer der 200. Bundesliga-Einsatz
  • Der Gladbach-Profi äußert sich auch zum Fall Embolo

Herr Kramer, Ihr Trainer Marco Rose hat Sie vor dem Bundesliga-Duell bei Union Berlin ausdrücklich wegen Ihrer Leistungen gelobt. Haben Sie das registriert?

Ja. Es stimmt schon, dass ich viele Spiele gemacht habe, auch viele gute Spiele. Ich glaube, ich habe mich bislang in dieser Saison teuer und ganz gut verkauft. Ich würde jetzt nicht sagen, dass das meine herausragendste Saison ist, die ich bisher spiele. Aber ich bin sehr zufrieden, wie es bislang gelaufen ist.

Gladbach: Kramer hat das Thema DFB-Elf für sich nicht abgehakt

Ihre Leistungskurve ist – subjektiv wahrgenommen – in den vergangenen Monaten jedoch schon noch einmal nach oben gegangen.

Ich hatte in der letzten Saison unter Dieter Hecking einige Höhen und Tiefen. Aber auch da habe ich schon gesagt: Wenn du nicht einer der Top-Ten-Spieler auf diesem Planeten bist, dann hat jeder Mal Wellenbewegungen in seiner Karriere. Das ist in meinem Fall schade, aber auch logisch gewesen, dass das mal kommt. Zuvor bin ich 27 Jahre lang nahezu problemlos durch meine Karriere gegangen. Dann ist auch mal so eine Phase möglich, in der es mal sportlich etwas stottern kann. Ich bin nun voll in der Spur und freue mich, dass ich auch eine gute Saison spiele.

Im neuen Jahr sind Sie und Ihre Mannschaftskollegen noch ungeschlagen. Borussia hat aus den vergangenen fünf Spielen 13 von 15 möglichen Punkten geholt, dazu konnten Mannschaften wie Bayern München und Dortmund nach jeweiligem Rückstand noch bezwungen werden. Zuvor, um den Jahreswechsel, wirkte die Mannschaft nicht so frisch wie es nun der Fall ist. Gibt es dafür aus Ihrer Sicht eine Erklärung?

Im Fußball ist es ja ganz häufig so, dass nicht die Beine, sondern der Kopf müde ist. Und diese Müdigkeit sich dann auf die Beine überträgt. Deswegen hatten diese ganzen intensiven Phasen, in denen wir auch einige Verletzte mehr zu verkraften hatten, in denen wir auch wiederholt mit den gleichen Spielern agiert haben, Spuren in den Köpfen hinterlassen. Da hat die Pause über Weihnachten, auch wenn sie kurz war, sehr gutgetan. Gerade Weihnachten. Das sind sehr besinnliche Tage, in denen man den Akku vom Kopf her wieder voll aufladen kann. Wir konnten so mit frischer Kraft ins neue Jahr gehen. Aus meiner Sicht ist das der Hauptgrund.

Es fällt auf, dass das Pendel nicht mehr, wie noch Ende 2020, in der Schlussphase gegen Borussia ausschlägt. Diese späten Gegentore, klammern wir in diesem Kontext bewusst mal den Videobeweis-Elfmeter in Stuttgart aus, sind aktuell kein Thema mehr.

Ja, wir hatten einige unglückliche Momente in der berühmt-berüchtigten Nachspielzeit. Es kam dann plötzlich im Hinterkopf schon der Gedanke auf: ,Ach ne, nicht schon wieder so ein spätes Gegentor‘. Und wenn du das denkst, dann ist das Kind ja eigentlich schon in den Brunnen gefallen. Dass das Pendel nicht mehr gegen uns ausschlägt am Ende, ist einfach der Tatsache geschuldet, dass wir nicht mehr darüber reden. Es ist kein Thema mehr für uns – und deswegen passiert es auch nicht mehr. Und ich bin ja ein großer Fan davon, solche Sachen nicht weiter zu thematisieren. Es gibt da keine Erklärung. Es hat nichts mit Konzentrationsverlust zu tun, auch nichts mit letztem Willen, das ist einfach dann auch mal Pech. Und wenn wir jetzt auch nicht mehr darüber reden, umso besser.

Sehen Sie hier die komplette Pressekonferenz von Borussia Mönchengladbach vor dem Bundesliga-Duell bei Union Berlin:

Kommen wir zum nächsten Gegner. Borussia ist am Samstag bei Union Berlin zu Gast. Sind die „Eisernen“ aus Ihrer Sicht bislang die positive Überraschung der Saison?

Ich habe einige Spiele von Union Berlin geschaut. Aus meiner Sicht sind sie vollkommen berechtigt dort in der Tabelle zu finden, wo sie momentan stehen. Man denkt auch immer, dass das eine reine Kampftruppe ist, die sich nur hinten reinstellt. Doch das ist ein Irrtum. Man darf sie nicht ins Spiel kommen lassen, sie haben super Umschaltmomente. Klar, sie leben auch von einer guten Organisation und einer gesunden Zweikampfhärte, aber Union Berlin nur darauf zu reduzieren, wäre sicherlich nicht richtig.

Was sollten Sie und Ihre Teamkollegen am Samstag an der Alten Försterei auf jeden Fall auf dem Radar haben?

Dass man ihnen im Umschaltverhalten wenig Luft geben darf. Dass man eine richtig gute Rest-Verteidigung haben sollte und sich wenige unnötige Ballverluste, wie in jedem anderen Spiel auch, erlaubt.

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Wie wichtig ist für Sie als Leistungssportler, dass Sie trotz der Coronapandemie nicht zu einer Art Homeoffice-Training gezwungen sind, sondern Ihren Beruf voll ausüben können. Stimmt Sie das womöglich sogar noch glücklicher als sonst?

Das ist das Glücklichste überhaupt, dass wir unseren Alltag als Fußballer weiter haben dürfen. Dafür sind wir auch sehr dankbar. Das ist nicht selbstverständlich. Klar merkt man, dass die Situation viele Menschen nicht glücklich macht. Was völlig verständlich ist. Die Sehnsucht nach dem alten Leben, nach der gewohnten Freiheit. Diese hat sicherlich jeder Mensch. Aber wir Spieler können uns glücklich schätzen, dass wir unseren Alltag noch haben. Ja, wir haben strenge Auflagen, die auch teilweise nervig sind, aber es gehört sich nicht, sich in unserem Kreis über irgendetwas zu beschweren. Uns geht es schon noch richtig gut. Wir wissen auch, dass zahlreiche Berufsgruppen, sei es in der Gastronomie oder im Friseurhandwerk, ganz krass betroffen sind. Wir hoffen, dass das bald ein Ende hat.

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Gibt es etwas, bei dem der Mensch Christoph Kramer sagt: Das würde ich gerne als eines der ersten Dinge tun, wenn wir alle wieder so leben können, wie vor der Coronapandemie?

Ja. Ich schätze es sehr, wenn ich essen gehen kann. Nicht nur wegen des Essens, sondern weil ich es mag, unter Menschen und Freunden zu sein, gerne in großer Runde sitze und diese Geselligkeit genieße. Das ist etwas, was ich vermisse. Aber – in meinem Fall ist das wohl meckern auf unfassbar hohem Niveau.

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Apropos meckern – was sagen Sie als Führungsspieler bei Borussia zu den Vorfällen rund um eine illegale Party in Essen, wegen derer Ihr Teamkollege Breel Embolo in die Kritik geraten ist? TV-Experte Marcel Reif hat sich jüngst zu der kruden Äußerung verleiten lassen, der Spieler müsse in der Kabine auch mal mit „nonverbalen Mitteln“ sanktioniert werden.

Zunächst einmal: Ich möchte niemanden in Schutz nehmen. Damit wir uns nicht falsch verstehen. Was Breel gemacht hat, ist nicht zu akzeptieren. Das gehört sich einfach nicht. Von außen wird dann allerdings auch gerne mal direkt gesagt: Nehmt den als Mannschaft zur Seite und wascht ihm den Kopf. Das ist allerdings alles ein ganz sensibles Thema. Außenstehende können die Dinge auch nicht immer so richtig beurteilen. Was ich sagen kann ist, dass Breel es selber am meisten leidtut. Und er hat realisiert, was für einen Bock er da geschossen hat. Natürlich haben wir gemeinsam darüber gesprochen, wir haben das in der Kabine thematisiert und haben uns ausgesprochen. Es soll nichts verharmlost werden. Breel ist schon klar, was für einen Bärendienst er da der Mannschaft und auch dem Verein erwiesen hat. Er hat eine ordentliche Strafe bekommen. Und was das Ganze für Breel in der heutigen Zeit für ein Medienecho bedeutet, muss ich wohl niemandem weiter erläutern. Aber dennoch ist er Teil unserer Mannschaft. Und gerade in jungen Jahren machen Menschen auch mal Fehler. Wir werden hinter ihm stehen und zusammen aus dieser Geschichte herauskommen. Wir wollen das nicht verharmlosen, wir sind richtig hart mit ihm ins Gericht gegangen. Dass wir aber jetzt täglich eine Art Spießrutenlauf in der Kabine veranstalten, ihn täglich mit Schuldzuweisungen konfrontieren und verurteilen – ich weiß nicht, ob es diese Art überhaupt schon mal gegeben hat. Aber bestimmt nicht hier bei uns.

Rund um Borussia findet derzeit ja auch noch ein anderes Thema medial großes Echo. Gemeint sind die Gerüchte um Gladbachs Trainer Marco Rose, der mit einem Wechsel zu Dortmund in Verbindung gebracht wird. Nichtsdestotrotz hat es den Eindruck, als würde das die Gladbacher Mannschaft in ihren Leistungen auf dem Platz nicht beirren. Da hat es in der Vergangenheit ja auch schon andere Beispiele in der Bundesliga gegeben.

Ich möchte es gleich mal deutlich aussprechen: Es gehört heutzutage auch zum Anforderungsprofil eines Profis, sich von solchen Dingen nicht aus der Ruhe bringen zu lassen. Unser Manager Max Eberl ist vor einiger Zeit noch zu Bayern München geschrieben worden. Jeder Spieler, der keine 22 Jahre alt ist und gute Leistungen gezeigt hat, wird gleich mit allen Klubs dieser Welt in Verbindung gebracht. Es gibt Gerüchte, das ist heutzutage immer so, aber sich davon nun aus der Ruhe bringen zu lassen – nein. Es ist doch logisch, dass es bei uns Gerüchte gibt, weil viele gute Arbeit leisten. Ob Trainer, Spieler oder Sportdirektor. Aus meiner Sicht dürfen solche Gerüchte einen Profi heutzutage nicht mehr aus der Ruhe bringen. Und wenn sich dann im Mai oder Juni davon etwas bewahrheiten sollte, dann ist das halt so.

Sie haben jüngst auf die positive Entwicklung in Gladbach in den vergangenen Jahren hingewiesen und in diesem Kontext auch bemerkt, dass Dortmund für einen Gladbach-Profi nicht mehr zwingend der nächste Schritt sein muss.

Also es gibt schon noch nächste Schritte von Gladbach zu Dortmund. Stichwort Einkommen, also finanzielle Dinge beispielsweise. Und Dortmund wird in den kommenden Jahren wahrscheinlich nahezu konstant Champions League spielen. Eine Garantie, immer Champions League zu spielen, gibt es in Gladbach noch nicht. Also kann man da noch von einem Schritt sprechen. Allerdings birgt ein Wechsel auch immer ein gewisses Risiko in sich. Ich gebe ihnen ein Beispiel: Ich hätte es nie für möglich gehalten, dass ein Eden Hazard einmal nicht bei einem Verein funktionieren könnte. Aber: Es läuft für ihn bei Real Madrid gar nicht. Worauf ich also hinaus möchte: Für das große Risiko eines Wechsels, ist der Schritt von Gladbach zu Dortmund meiner Meinung nach mittlerweile zu klein.

Bilden Sie eigentlich noch mit Florian Neuhaus eine Fahrgemeinschaft von Düsseldorf aus in den Borussia-Park?
Ja, warum?

Ihr Teamkollege wird mittlerweile auch bereits hoch gehandelt, andere Vereine wie Bayern München oder Real Madrid sollen Interesse haben. Geben Sie ihm dann eigentlich auch mal Ratschläge?

Es ist für mich zunächst einmal keine Überraschung, dass Flo solche Leistungen zeigt, wie er es momentan tut. Natürlich reden wir auch viel über Fußball, aber ich bin ein großer Freund davon, dass jeder seinen eigenen Weg gehen und eigene Erfahrungen machen sollte. Mit Tipps bin ich da immer sehr zurückhaltend. Ich muss jetzt gegenüber Flo, der auch keine 16 mehr ist, nicht den Ratgeber auspacken. Dafür ist er einfach zu gut und auch schon zu erwachsen, dass er das nötig hätte.

Also geben Sie ihm als erfahrener Profi und Weltmeister gar keine Ratschläge?

Wir reden regelmäßig miteinander, aber was wir besprechen, das bleibt unter uns.

Sie haben jüngst Ihre Pokémon-Leidenschaft inklusive einer beachtlichen Sammlung von selten Pokémon-Karten öffentlich gemacht. Wie kam es dazu?

Ich hatte schon immer viele Pokémon-Karten, und ich dachte: Es ist cool, wenn man alle 151 hat. Dann hatte ich sie zuletzt zusammen – und dann war mir das mal ein Post in den sozialen Medien wert. Die Sammlung hat bei mir auch einen besonderen Platz bekommen.

Sehen Sie hier den Instagram-Account von Christoph Kramer:

Hatte ihre Sammel-Leidenschaft bereits auf dem Schulhof begonnen? So, wie das früher eben oft der Fall gewesen ist, beispielsweise auch mit Panini-Bildern?

Ja, klar. Hinter jeder Karte steht auch eine eigene Geschichte. Das ist auch das Schöne daran. Ich weiß noch genau, als ich beispielsweise bis nach Erkelenz gefahren bin, um eine bestimmte Karte zu tauschen. Für diese habe ich damals richtig Karten liegen gelassen. Für mich ist das auch noch einmal eine Reise durch die Kindheit.

Sind Sie eigentlich aus der Nationalmannschaft zurückgetreten?

Nein, warum?

Weil Sie von Bundestrainer Joachim Löw, der jüngst noch einen starken Kramer vor Ort im Borussia-Park gegen Dortmund gesehen hat, nicht mehr eingeladen werden. Sie spielen ja auch bei einem Top-Klub und Champions-League-Achtelfinalisten.

Da bin ich nicht der richtige Ansprechpartner.

Wenn Sie einen Anruf bekommen würden, dann stehen Sie also zur Verfügung?

Also, ich sehe keinen Sinn darin, zu sagen, dass ich nicht mehr für mein Land spiele.

Verstehe, also Themenwechsel. Olympia – wie sehr würde Sie eine Teilnahme im Trikot der deutschen Auswahl reizen?

Das ist ja auch nicht meine Entscheidung. Aber, wenn ich gefragt werde, würde ich das mega-gerne machen.

Auch für Kramer ist K.o.-Runde in der Champions League neue Erfahrung 

Abschließend: Sie sind Weltmeister von 2014, stehen mit Gladbach nun allerdings erstmals in ihrer Karriere in einem Champions-League-Achtelfinale. Der Gegner heißt Manchester City.

Und da kann ich schon sagen, dass das ein besonderes Spiel ist. K.o.-Runde Champions League habe ich noch nicht erlebt. Bis dahin ist ja noch ein wenig, aber da bin ich Feuer und Flamme. Wir wissen, dass wir alle Spitzenspiele, gerade zu Hause, egal ob gegen Bayern, Dortmund, Leipzig, Real Madrid oder Inter Mailand – dass wir da tolle Spiele gemacht haben. Wir wissen, was wir können. Auch wenn es gegen eine sehr starke Mannschaft geht. Da wollen wir nur zu gerne noch einmal richtig für Furore sorgen.