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Von Judith Malter

Exklusiv-Interview mit Gladbachs Top-Stürmer Marcus Thuram über das Derby, Corona und Wechsel-Gerüchte

Schlussjubel von Borussia Mönchengladbach vor den mitgereisten Fans: Marcus THURAM (vorne) sein Trikot über die Eckfahne gezogen.

Erinnerungen an einen vergangenen Derby-Sieg: Marcus Thuram von Borussia Mönchengladbach bejubelt am 14. September 2019 den 1:0-Sieg seines Teams beim Auswärtsspiel in Köln.

Zweieinhalb Monate musste Angreifer Marcus Thuram (24) von Borussia Mönchengladbach mit einer Innenbandverletzung im Knie pausieren. Doch nun ist der Franzose zurück – und will wieder mit den Fohlen angreifen! Pünktlich zum Duell mit Gladbachs Erzrivale am Samstag (27. November 2021/15.30 Uhr) hat der 24-jährige Top-Stürmer im exklusiven GladbachLIVE-Interview über das Derby beim 1. FC Köln, seine Verletzungspause, den neuen Trainer, das immer noch omnipräsente Coronavirus sowie anhaltende Wechselgerüchte um seine Person gesprochen. 

EXKLUSIV: Borussia-Stürmer Marcus Thuram im großen GladbachLIVE-Interview

Herr Thuram, der Sommer ist für Sie mit einem absoluten Highlight gestartet: Sie haben mit der französischen Nationalmannschaft an der Europameisterschaft teilgenommen. Wie war es für Sie, Teil eines so großen Wettbewerbs zu sein und sowohl mit als auch gegen so viele tolle Spieler zu spielen?

Es war eine tolle Erfahrung und eine große Ehre für mich, mein Heimatland bei einem solchen Wettbewerb zu repräsentieren. Ich habe jede Minute genossen, auch, wenn wir unser Ziel nicht erreicht haben. Für mich war das dennoch eine große Sache.

Also überwiegt der Stolz gegenüber der Enttäuschung recht früh aus dem Wettbewerb ausgeschieden zu sein?

Das ist schwer zu sagen. Ehrlich gesagt, habe ich eher gemischte Gefühle, was das angeht. Ich war stolz, für dieses Turnier nominiert worden zu sein, aber, wenn du dann am Wettbewerb teilnimmst, vergisst du den Stolz darüber schnell und hast nur das Ziel vor Augen, das du mit deinem Team erreichen möchtest. Das haben wir nicht geschafft, was natürlich eine große Enttäuschung für mich und die anderen Spieler der französischen Nationalmannschaft war. Aber ich versuche grundsätzlich, mich immer auf die positiven Dinge zu fokussieren und das war für mich, mein Nationalteam bei der EM vertreten zu dürfen. Das war eine große Ehre für mich und macht mich noch heute stolz.

Ihr Teamkollege Yann Sommer stand beim Achtelfinal-Ausscheiden Ihres Teams im Tor der Schweizer, hielt den entscheidenden Elfmeter von Kylian Mbappé. Auch Nico Elvedi, Denis Zakaria und Breel Embolo gehörten zum Team der Schweiz. Konnten Sie sich ein bisschen für Ihre Borussia-Kollegen freuen oder ging das nach dem Ausscheiden Ihres Teams nicht?

Direkt nach dem Spiel auf gar keinen Fall. Es hat nach dem Ausscheiden mehrere Tage gedauert, bis ich mich für Yann und die anderen Schweizern freuen konnte. Dann habe ich ihnen aber die Daumen gedrückt. Yann ist einer der besten Keeper der Welt und ich freue mich für ihn, dass er das jetzt auch auf internationalem Parkett unter Beweis stellen konnte.

Gladbachs Stürmer Marcus Thuram im Zweikampf mit Kevin Mbabu im EM-Achtelfinale zwischen Frankreich und der Schweiz am 28. Juni 2021 in Bukarest.

Gladbachs Stürmer Marcus Thuram im Zweikampf mit Kevin Mbabu im EM-Achtelfinale zwischen Frankreich und der Schweiz. Es war das erste große Turnier als A-Nationalspieler für den Angreifer der Fohlen.

Nach der EM sind Sie mit Gladbach gut in die neue Saison gestartet, haben zum Bundesliga-Auftakt ein Remis gegen Rekordmeister Bayern München geholt und dabei ein starkes Spiel gemacht. In Leverkusen haben Sie sich dann aber schwer am Knie verletzt und mussten lange pausieren. Wie hart war es für Sie, zu einem so frühen Zeitpunkt auszufallen, sich dem neuen Trainer nicht zeigen und der Mannschaft nicht helfen zu können?

Verletzungen sind natürlich nie angenehm. Es war nicht einfach, aber ich weiß, dass das auch zum Leben eines Fußballers dazugehört. Ich habe mich schnell darauf konzentriert, wieder fit zu werden und Stück für Stück zurück auf mein voriges Level zu kommen.

Haben Sie gleich nach dem Foul gespürt, dass es sich um eine ernsthaftere Verletzung handelt?

Ja, das habe ich eigentlich sofort gemerkt. Ich habe zwar noch versucht weiterzuspielen, weil ich gehofft habe, dass der Schmerz dann vielleicht noch verschwindet, aber es ging nicht. Als ich das gemerkt habe, habe ich angezeigt, dass ich ausgewechselt werden muss, weil ich wusste, dass es eine schwerere Verletzung sein würde.

Haben Sie sich keine Sorgen gemacht, durch die Verletzung so weit zurückgeworfen zu werden, dass Sie den Anschluss zu den anderen Angreifern in Ihrem Team, wie Alassane Plea oder Breel Embolo, verlieren?

Nein. Das Einzige, was ich will, ist das Gladbach gewinnt. Das ist für mich das Wichtigste. Daher habe ich mir über andere Dinge gar keine Gedanken gemacht. Wir sind ein Team und ich bin froh, dass meine Mannschaftskollegen einige gute Spiele gemacht haben, während ich verletzt war.

Und im Nationalteam? Trainer Didier Deschamps hat Sie in der vergangenen Länderspiel-Periode nicht berücksichtigt…

Darauf war ich schon vorbereitet. Ich habe zu Beginn der Saison wegen meiner Verletzung nicht gespielt und wurde deshalb diesmal logischerweise auch nicht berücksichtigt. Für mich war das sogar gut, da ich mich so nur auf mein Comeback bei Borussia konzentrieren konnte. Wenn ich wieder auf demselben Level bin, auf dem ich vor meiner Verletzungspause war, ist die Nationalmannschaft sicherlich wieder ein Thema, aber momentan liegt mein Fokus nur auf dem Verein.

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Mittlerweile sind Sie aus Ihrer langen Verletzungspause zurückgekehrt, haben aber noch keine Partie von Beginn an bestritten. Finden Sie es gut, dass Trainer Adi Hütter Ihnen nach der Verletzung Zeit gibt oder würden Sie gerne gleich wieder von Beginn an durchstarten?

Ich bin sehr zufrieden damit, wie es gerade läuft. Es ist wichtig für mich, langsam die Belastung zu steigern. Ich habe zweieinhalb Monate nicht gespielt und könnte bei zu starker Beanspruchung eine erneute Verletzung riskieren. Daher ist es das Beste für mich, mich mit Kurzeinsätzen heranzutasten. Zudem bin ich in einer Phase zurückgekommen, in der es bei Borussia gut läuft. Das macht es einfacher für mich, da dann weniger Druck auf mir lastet. Ich kann mich so optimal auf mich selbst konzentrieren.

Auf Ihrem Instagram-Account war zu sehen, dass Sie in der Länderspielpause nach Disneyland gereist sein. Wie wichtig sind Ihnen solche Trips, um zwischen den Spielen und in der schweren Corona-Zeit auch mal den Kopf frei zu bekommen?

Sehr wichtig! Um ehrlich zu sein, war das bisher eines meiner kleinen Geheimnisse. Ich gehe gerne ins Disneyland und es ist vielleicht sogar einer meiner Lieblingsorte. Wenn ich darauf angesprochen werde, sage ich meistens, dass ich wegen meiner kleinen Cousins dort war, aber eigentlich will ich dort selbst gern hin (lacht). Ich liebe Disneyland, weil ich an diesem Ort alles um mich herum vergesse.

„Man sollte alles Mögliche unternehmen, um sich selbst und die anderen zu schützen“

Apropos Coronavirus: Verfolgen Sie die Diskussionen um eine Impfpflicht? Wie ist die Lage in Ihrem Heimatland Frankreich?

Ich glaube, dass die Situation aktuell auf der ganzen Welt sehr ähnlich ist. Die Menschen haben Angst davor, dass es einen erneuten Lockdown geben und alles wie im vergangenen Jahr erneut zum Stillstand kommen könnte. Ich vertraue aber den Politikern und Menschen, die in dieser Sache den Hut auf haben und denke, dass sie die richtigen Entscheidungen für uns alle treffen werden.

Wie stehen Sie persönlich zu dem Thema? Befürworten Sie es, dass immer mehr Menschen sich impfen lassen und es eventuell bald sogar eine Impfpflicht geben wird?

Ob es eine Impfpflicht geben sollte, kann ich schwer sagen. Generell halte ich eher wenig davon, Dinge zu erzwingen, aber vielleicht ist es irgendwann notwendig. Ich denke eigentlich, dass jeder für sich selbst entscheiden sollte, ob er sich impfen lassen möchte oder nicht. Ich finde aber auch, dass man, wenn so viele Menschen in eine Sache involviert sind, alles Mögliche unternehmen sollte, um sich selbst und die anderen zu schützen. Wenn die verantwortlichen Mediziner und Politiker also sagen, dass eine Impfung der beste Schutz vor Corona ist, sollte man sich auch impfen lassen.

Kommen wir zurück zum Sportlichen. Wie vorhin bereits angesprochen hat Borussia einen neuen Trainer. Wie ist Ihr Eindruck von Adi Hütter?

Er ist ein exzellenter Trainer mit einer ruhigen, angenehmen Art. Er spricht viel mit uns und gibt uns auf dem Feld viele Anweisungen, die uns dabei helfen, besser zu werden. Ich komme wirklich sehr gut mit ihm zurecht.

Was ist Ihrer Meinung nach der größte Unterschied zu Ihrem vorherigen Trainer Marco Rose?

Das ist schwer zu sagen! Es sind zwei völlig unterschiedliche Personen, mit einer anderen Art zu trainieren. Beide sind aber wirklich gute Trainer und wissen, was sie tun. Adi Hütter hat nun einen neuen Ansatz, den die Mannschaft sehr mag, was man auch gut an den bisherigen Resultaten erkennen kann. Wir haben eine sehr solide Mannschaft, die gut mit den Anforderungen des neuen Coachs zurechtkommt. Das ist das Wichtigste.

In der vergangenen Spielzeit hat Borussia gerade am Ende der Saison einige wichtige Zähler liegen lassen und den Einzug in den Europapokal verpasst. Woran lag das Ihrer Meinung nach? Waren die Unruhen um Marco Roses Wechsel zum BVB ein Mitgrund?

Nein, ich glaube, das zu behaupten, wäre eine Ausrede. Es war sicherlich kein Problem mit dem Trainer, weil wir zwei Jahre lang unter ihm stark gespielt und sehr gute Leistungen gebracht haben. Wir Spieler sind alle erwachsen und können mit solchen Entscheidungen umgehen. Ich denke, dass wir in manchen Spielen einfach nicht reif genug aufgetreten sind und daher nicht richtig mit bestimmten Situationen umgegangen sind, was uns letztendlich Punkte gekostet hat.  Jetzt liegt diese Zeit aber hinter uns, wir haben uns weiterentwickelt und befinden uns deswegen auch wieder auf einem richtig guten Weg.

Daneben gab es in der vergangenen Spielzeit auch eine unschöne Szene zwischen Ihnen und Hoffenheims Stefan Posch. In einem späteren Interview mit „L’équipe“ haben sie gesagt, dass Sie viel aus dieser Situation gelernt haben. Wie genau haben Sie das gemeint?

Natürlich hätte soetwas nie passieren dürfen. Aber es ist passiert und ich habe die Konsequenzen dafür getragen und wurde für einige Spiele gesperrt. Das hat mir Zeit gegeben, mich selbst und die Situation zu reflektieren. Ich habe in dieser Zeit viel darüber nachgedacht, wer ich sein möchte und wie ich das in Zukunft erreichen kann. So habe ich versucht, noch etwas positives aus der Sache zu ziehen und meinen Frieden damit gemacht.

Ihr Vater, Lilian Thuram, hat sich seinerzeit auch zu dem Vorfall geäußert und sich hinter Sie gestellt. Mittlerweile steht er wegen der Veröffentlichung seines Buchs „La pensée blanche“ im Fokus, mit dem er –  wie schon viele Jahre zuvor – seinen Kampf gegen Rassismus weiter vorantreibt. Wie wichtig ist Ihnen dieses Thema und wie unterstützen Sie Ihren Vater dabei?

Für mich ist das natürlich ebenfalls ein sehr wichtiges Thema, da ich als junger, schwarzer Mann versuche, ein Vorbild für die kommende Generation zu sein. Es ist wichtig, zu erkennen, dass es Themen gibt, die größer als alles andere sind – auch als der Fußball. Und man sollte alles dafür tun, dass jeder Mensch irgendwann versteht, wie wichtig es ist, einander zu akzeptieren und zu lieben, da wir alle Menschen sind.

Zurück zu Borussia: Zu Beginn der aktuellen Saison gab es zwischendurch immer wieder Rückschläge, wie zum Beispiel die 0:1-Niederlage in Augsburg. Es gab aber auch einige starke Auftritte, wie das 1:0 gegen Dortmund und natürlich das 5:0 im DFB-Pokal gegen Bayern München. Denken Sie Borussia ist in dieser Spielzeit wieder reif, sich für den Europapokal zu qualifizieren?

Ich glaube, dass wir zu großartigen Dingen in der Lage sind. Spiele, wie das gegen Augsburg zu Beginn der Saison, sind vielleicht auch den Neuerungen im Team, an die wir uns erst gewöhnen und anpassen mussten, geschuldet gewesen. Aber nun weiß das Team genau, was es zu tun hat. Wir haben einen starken Kader, eine gute Mischung aus jungen und erfahrenen Spielern und wir verstehen uns untereinander sehr gut. Wir sind wirklich eine eingeschworene Truppe, die gemeinsam viel erreichen kann.

Ist der Europapokal eines der Ziele von Borussia Mönchengladbach?

Soweit denke ich noch gar nicht. Wir schauen von Spiel zu Spiel und gucken dann, wie sich alles entwickelt. Natürlich haben wir Ziele, aber wir müssen uns auf jedes einzelne Spiel konzentrieren und unser Bestes geben. Am Ende der Saison werden wir dann sehen, wo wir stehen.

Und für Sie persönlich?

Das, was ich über die Ziele des Teams gesagt habe, gilt auch für mich persönlich. Ich will Borussia einfach so gut wie möglich helfen.

Am kommenden Wochenende kann Borussia einen großen Schritt in die richtige Richtung machen, indem sie das Derby beim 1. FC Köln gewinnt. Sie selbst haben bereits vier solche Duelle miterlebt. Was macht diese Spiele so besonders?

Es ist ein Derby! Die Leidenschaft, die die Fans in dieses Spiel stecken, spüren wir ebenfalls. Sie springt auf dem Platz auch auf uns über. Wir wollen unsere Farben auf dem Feld bestmöglich repräsentieren und wissen, dass die Fans uns dabei unterstützen werden. Es wird sicherlich wieder ein tolles Spiel mit einer ganz besonderen Atmosphäre und ich hoffe natürlich, dass wir am Ende gewinnen werden.

Sie haben noch keinen Treffer im Köln-Derby erzielt, aber bereits einen vorbereitet. Auch im „kleinen“ Derby gegen Düsseldorf haben sie bereits getroffen. Sind solche Tore besonders schön?

Ja, es ist schon etwas Besonderes, in einem Derby zu treffen. Aber insgesamt ist ein Tor immer wichtig und gibt einem ein gutes Gefühl. Als Spieler weiß man aber natürlich, dass ein Tor gegen Köln vor allem für die Gladbach-Fans eine besondere Bedeutung hat.

In der vergangenen Saison gehörte Köln eher zu den schwächeren Bundesliga-Teams. Diesmal spielen sie eine starke Saison und liegen nur drei Zähler hinter Gladbach. Wie schätzen Sie den kommenden Gegner ein?

Egal, auf welchem Tabellenplatz Köln steht: Ein Derby ist immer ein besonderes Spiel. Es ist eines der wichtigsten Spiele in der Saison, bei dem das Endergebnis vielleicht noch ein bisschen mehr im Fokus steht als bei anderen Spielen. Der Wunsch, den Derbysieg zu holen, motiviert beide Mannschaften zusätzlich, was die Partie immer besonders hart und schwierig macht.

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Wie stehen die Chancen, dass Sie in der kommenden Begegnung in der Startelf stehen?

Das muss der Trainer entscheiden. Ich trainiere gut und mache aktuell auch einige Extraschichten, um nach meinem Comeback wieder richtig fit zu werden, aber, ob es für einen Startelfeinsatz reichen wird, werden wir dann sehen. Das wichtigste ist, dass Borussia am Ende als Sieger vom Platz geht.

Und wie stehen die Chancen darauf, dass Sie auch in der kommenden Spielzeit noch bei Borussia Mönchengladbach spielen? Im vergangenen Sommer gab es viele Gerüchte um einen Wechsel zu Inter Mailand…

Wirklich? Davon habe ich nichts mitbekommen (lacht). Nein, im Ernst: Natürlich gibt es die Chance, dass ich auch in der nächsten Saison noch bei Borussia spielen werde. Wie hoch die genau ist, kann ich jetzt aber noch nicht sagen. Im Moment weiß ich genau, dass ich ein Spieler von Borussia Mönchengladbach bin und mein Bestes dafür geben werde, damit wir möglichst viele Spiele gewinnen. Mein ganzes Herz gehört momentan nur diesem Klub.