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Von Achim Müller

„Ich bin ja nicht doof“ Eberl packt brisante Details aus: So lief der Rose-Abgang zu Dortmund wirklich

Gladbach-Manager Max Eberl joggt in Trainingskleidung über einen Fußballplatz in Harsewinkel.

Gladbach-Manager Max Eberl, hier zu sehen bei einer Laufeinheit am 18. Juli 2021 im Fohlen-Trainingslager in Harsewinkel. 

Mönchengladbach. Adi Hütter (51) ist der neue Cheftrainer bei Borussia Mönchengladbach. Der Österreicher hat am linken Niederrhein die Mission übernommen, die Fohlen-Elf zurück unter die Top-Klubs der Bundesliga und zurück ins internationale Geschäft zu coachen. Sein Vorgänger Marco Rose (44) hatte, nachdem er am 15. Februar 2021 seinen Abgang zu Borussia Dortmund offiziell gemacht hatte, Gladbach nur noch auf einen enttäuschenden achten Platz führen können.

Adi Hütter soll diesen Abwärtstrend alsbald wieder umkehren, derweil ist Gladbach-Manager Max Eberl (47) offenkundig bemüht, bei dem Teil der Basis, die durch die „Causa Rose“ auch ihn als Sportdirektor kritisiert hatte, wieder für Vertrauen zu werben. Einzelne Gruppierungen hatten Rose und Eberl, beispielsweise in den sozialen Medien, zum Teil heftig attackiert.

Gladbach-Manager Max Eberl hat wegen Rose-Abgang geweint

So hat sich Eberl bei einem Fanportal, welches nach unseren Informationen auch enge Kontakte zur Gladbacher Hardcore-Szene pflegen soll, in einem Interview nun recht offen zum Rose-Abgang geäußert. Und dabei einige brisante Details geoutet.

Eberl gibt dabei zu, dass er womöglich emotionale Aspekte in den Reihen der VfL-Treuen in den vergangenen Monaten falsch eingeschätzt haben könnte. Rose war noch 2019 mit „Hosianna“ am Niederrhein empfangen worden.

Dazu vermochte es der gebürtige Leipziger, als Vorzeige-Produkt der RB-Akademie samt entsprechender Rhetorik, die schwarz-weiß-grüne Basis mit Schlagworten wie Identifikation, Aufbauarbeit, Kontinuität, Zusammenhalt oder gar Titelkampf auf Anhieb zu elektrisieren.

Folge: Gladbach „on fire“. Gegen Rose, vom RB-Mutterkonzern aus Salzburg kommend, gab es 2019, anders als in den Liga-Duellen gegen die RB-Vertreter aus Leipzig, auch keine 19-minütigen Trillerpfeifen-Proteste am Niederrhein.

Zumal Rose samt seines ebenso gehypten Trainer-Stabes auch prompt lieferte. Die Fohlen stürmten auf Anhieb in die Champions League, später, erstmals in der Vereinsgeschichte, sogar bis ins Achtelfinale der Königsklasse. Dann zog Roses BVB-Nummer jedoch alle Stecker in Gladbach. Sportlich und emotional. Die Stimmung kippte völlig. Das Gladbacher Fanprojekt (FPMG Supporters Club) forderte sogar öffentlich die sofortige Freistellung Roses.

Und Manager Eberl sagt nun im digitalen Talk mit Fan-Vertretern: „Das ist eine der anstrengendsten Saisons meiner Karriere gewesen.“

Eberl gibt, aus seiner Sicht, einige Hintergründe aus dem Borussia-Park preis. „Ich habe natürlich gewusst, dass mit der Entlassung von Lucien Favre in Dortmund (im Dezember 2020, Anm. d. Red.), so pervers sich das anhört, wir das Problem kriegen werden. Ohne, dass Marco mir da jemals gesagt hat, er kann sich das vorstellen. Es war ja immer so um uns herum: Dieser Klub da in Westfalen sucht sich ja den neuen Klopp – ich bin ja nicht doof.“

BVB-Geschäftsführer Watzke hat Rose schon seit Jahren auf dem Radar

Nach Informationen unserer Redaktion, die jedoch offiziell nicht bestätigt sind, soll der BVB schon Monate vor der Entlassung Favres abgeklopft haben, unter welchen Bedingungen Rose aus Gladbach unter Umständen zu bekommen sei.

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BVB-Geschäftsführer Hans-Joachim Watzke (62) hat bei Roses Vorstellung in Dortmund am 1. Juli dies durchblicken lassen: „Marco hat bei uns immer schon, seit Jahren, eine hohe Wertschätzung gehabt. Spätestens, als wir dann auch gegen RB Salzburg ziemlich schmählich den Europapokal (März 2018, Europa League, Anm. d. Red.) verlassen haben. Umso mehr freuen wir uns, dass er jetzt hier ist.“ 

Gladbach war nach Roses BVB-Coming-Out im vergangenen Februar sportlich abgeschmiert. Aus der aktiven Fanszene haben unsere Redaktion Informationen erreicht, dass weniger der Wechsel zu Dortmund, als vielmehr Roses Einstands-Äußerungen in Gladbach samt der kreierten Vision, den VfL Borussia wieder zu einem Klub formen zu wollen, der sogar Titel-Träume erfüllen könnte, zu den zum Teil heftigen Anfeindungen und emotionalen Ausbrüchen nach dem 15. Februar geführt hätten. Rose also nur ein Karrierist?

Eberl sagt dem „Mitgedacht-Block“: „Ich habe im Nachhinein mehr und mehr es verstanden, warum es dann so emotional geworden ist, diese ganze Thematik. Sie wurde ja nicht mehr rational, sondern nur noch emotional geführt. Es war für mich auch enttäuschend, dass Marco diese Entscheidung gefällt hat. Es gibt heute auch sehr viele Menschen, die um mich herum sagen: ,Max, da hättet ihr mal besser den Mund gehalten'.“

Eberl betont weiter: „Ja, das wäre vielleicht, politisch und diplomatisch, der bessere Weg gewesen. Ich hätte dann aber Menschen über Wochen hinweg belügen müssen. Ich hätte gleichzeitig einen neuen Trainer suchen müssen. Ich hätte auf den Markt gehen müssen, um einen neuen Trainer zu finden, es wäre bestimmt etwas herausgekommen. Dann die obligatorische Frage, wir wissen aus sicherer Quelle, dass... – da muss ich sagen: Zum Zeitpunkt, als ich entschieden habe, war es für mich das größere Argument zu sagen: raus, erklären. Ich habe diese Emotion nicht erwartet.“

Ein riesiges Banner mit einer Hass-Parole gegen den ehemaligen Gladbach-Trainer Marco Rose hängt am 17. Februar 2021 am Stadionzaun in Mönchengladbach.

Fans fordern am 17. Februar 2021 mit diesem riesigen Banner am Stadion-Zaun die Freistellung von Trainer Marco Rose bei Borussia Mönchengladbach. 

Gegen Rose wurde unter anderem ein riesiges Hass-Banner an den Stadion-Zaun gehängt. Dazu waren rund um Stadion überall Aufkleber mit dem Aufdruck „Rose verpiss dich“ zu sehen. Und es gab einen Shitstorm-Tsunami in den sozialen Medien.

Gladbach-Manager Eberl: Habe Emotionen falsch eingeschätzt

Eberl: „Hätte ich das so gewusst, hätte ich meine Entscheidung vielleicht anders gefällt und wir wären anders damit umgegangen. Hätte ich vielleicht Marco gar nicht so unter Druck gesetzt, nach dem Motto: Ich will jetzt eine Entscheidung haben, weil ich weiterarbeiten will. Aber zu dem Zeitpunkt hatte ich diese Emotionen nicht erwartet. Im Glauben, dass wir trotzdem einen Trainer haben, der alles dafür tut, etwas angeschossen, mit uns erfolgreich zu sein. Weil er selber möchte. Weil er es auch selber muss. Weil er zu einem Verein geht, wo du nicht als Achter hingehen willst. Und diese Melange hat mich dazu geführt, zu sagen: erklären, raus und damit umgehen.“

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Gladbachs Sportdirektor plaudert immer mehr Details aus: „Wir haben drei sehr lange, sehr offene Gespräche geführt. Ich war aber auch nicht in der Situation, dass ich ihm unseren Klub andauernd anbiedern oder anbieten wollte. Ich habe gesagt, du weißt, wo du bist, du weißt, was du kannst, du weißt, welche Möglichkeiten hier sich auftun. Ja, es waren drei sehr, sehr emotionale Gespräche. Und das kann ich auch sagen: Es ist auch die eine oder andere Träne geflossen. Es ist nicht so, dass wir Roboter sind und alles an uns abperlt wie an Teflon. Sondern es war auch sehr emotional. Dieses letzte Gespräch vor dem Wolfsburg-Spiel war dann so emotional, dass wir drei Stunden zusammengesessen haben. Und auch geweint haben. Ich mache keinen Hehl daraus. Ich hoffe, der Marco nimmt mir das jetzt auch nicht übel. Das war schon von Emotionalität getragen, hat aber an der Entscheidung nichts geändert.“

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Eberl behauptet darüber hinaus: „Am Ende muss man so sagen, dass diese Identifikation, die er vielleicht am Anfang gepredigt hat, nicht in dem Maße gelebt hat. Er hat einen Schritt gewählt, der ihm zusteht, rein vom Vertrag her. Um da ganz formell zu bleiben. Die Chance hatte er. Er hat sich für einen Verein entschieden, bei dem er das Gefühl hat, eher deutscher Meister zu werden als mit uns. Das ist für mich das Hauptargument gewesen. Es (Dortmund, Anm. d. Red.) ist noch ein vermeintlich, glauben sie auf jeden Fall, ein etwas größerer Verein als wir. Obwohl wir uns schon rangerobbt haben an die ganze Thematik.“

Eberl legt nach: „Er hat sich für diesen vielleicht größeren Schritt entschieden. Und ja, ich habe das Argument ihm gesagt: Marco, du bist so ein guter Trainer, du bist so ein guter Typ, bleibe hier, mache noch dieses Jahr fertig. Mache vielleicht noch zwei Jahre fertig, lass uns noch einmal in die Champions League kommen. Am langen Ende ist es ein größerer Erfolg, mit Gladbach in die Champions League zu kommen, als mit Dortmund Zweiter zu werden. Das habe ich ihm auch immer wieder gesagt. Aber er hat sich für einen anderen Weg entschieden.“

Max Eberl berichtet von emotionalen Gesprächen mit Marco Rose

Eberl verrät auch das: „Er ist so von sich überzeugt, dass er sagt, ich kann mit Dortmund Meister werden. Ich schaffe das. Und das ist seine Überzeugung gewesen. Und das sind Argumente gewesen, die ich ihm dann auch nicht nehmen kann. Das wird man in Zukunft sehen, was passiert. Aber ich habe ihm gesagt, lass uns diesen Weg, den wir angefangen haben, mit diesem Kader, den wir haben, mit den Möglichkeiten, die wir haben, weitergehen. (...) Um dann, irgendwann, da wäre vielleicht gar nicht Dortmund das Angebot gewesen, sondern ein ganz anderer Klub, noch eine Kategorie größer, aber wie gesagt: Ich kann nur mit einem Menschen reden, der Mensch hat sich dann aber anders entschieden. Ich möchte aber auch sagen, dass ich Marco Rose extrem schätze, ihn als Trainer und Menschen extrem schätze, wir auch wirklich im sehr Guten auseinandergegangen sind. “

Dass die Gladbach-Fans in der vergangenen Saison wegen der Coronavirus-Pandemie ihren Unmut zu der ganzen Geschichte nicht im heimischen Stadion haben kundtun können, dazu sagt Eberl: „Ich wäre froh gewesen, wenn Fans im Stadion gewesen wären. Dann hätten sie eine Reaktion zeigen können. So hat keiner eine Reaktion gezeigt. Man konnte ja nur über Social Media, Banner, Freunde Reaktionen zeigen. Und in diesem Stadion, in diesem Kessel, zu sein, eine Entscheidung gefällt zu haben, mit der Konsequenz, mit dieser Entscheidung umgehen zu müssen. Das wäre die Situation gewesen. Um dann wieder an diesen Klub zu denken. Das wäre mein Wunsch gewesen. Im Stadion waren aber keine Fans. Wenn alle ihren Frust mal rausgeblasen hätten, gesagt hätten, ich kann die nicht mehr sehen, aber jetzt geht es auch wieder um Borussia.“

Wäre Rose ohne die Coronapandemie Trainer in Gladbach geblieben?

Eberl sagt dem Fan-Portal zudem: „Ich habe verstanden, warum die Enttäuschung der Fans auch so groß war, was alles dazu geführt hat. (...) Ich glaube, wir wären erfolgreicher gewesen, wenn Fans im Stadion gewesen wären. Ich glaube, dass wir alle gemeinsam, mit dem Erreichen der Champions League, es hätten schaffen können, dass Marco nicht gegangen wäre. Das ist meine These. Er hat diesen Klub nur sieben Monate richtig kennenlernen dürfen. Er hat nur sieben Monate in einem ausverkauften Borussia-Park spielen und trainieren dürfen. Und hat danach 15 Monate gehabt, in denen er das leere Stadion, die Pappkameraden und schöne Aktionen gesehen hat. Er hat diesen Borussia-Park nie in dieser Intensität spüren und fühlen können, wie ich es erleben durfte. “

Trainer Marco Rose (rechts) und Gladbachs Manager Max Eberl (links) umarmen sich nach einem gewonnenen Bundesliga-Spiel.

Trainer Marco Rose (r.) und Borussias Sportdirektor Max Eberl (l.) jubeln gemeinsam beim Gladbacher Bundesliga-Sieg am 20. März 2021 auf Schalke. 

Eberls These: All' das habe Rose nie richtig gespürt. „Wäre das so gewesen, dann wäre Marco Rose heute noch unser Trainer. Auch, weil ich es vielleicht alleine nicht geschafft habe, ihm diese Identifikation so rüberzubringen. Diese Kraft, diese Power, diese Einheit, die dieser Verein hat. Dieser Verein ist etwas ganz Besonderes. Der Verein hat seine Geschichte, mit allem, was dazugehört. Das hat Marco nie richtig, in der Tiefe, in der Weite und Intensität, erlebt. Ich glaube, dass ihn das eine mehr cleanere Entscheidung hat treffen lassen. Ich habe zwei Vereine, ich kann mich entscheiden, die Emotionalität war da ein Stück weit hinten an.“

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Hätte Eberl, mit dem Wissen von heute, Rose besser entlassen sollen nach dem 15. Februar? „Für den sportlichen Erfolg würde ich jede Entscheidung fällen. Monetäre Dinge waren nicht das Entscheidende. (...) Es war auch keine Variante da, bei der ich sage, was hättest du tun können. Mit dem Wissen von heute, ob ich ihn entlassen hätte? Mit meinem Gefühl, mit dem Wissen von damals, ich hätte keine bessere Lösung als Trainer gefunden.“